Zwischen Neckar und Alb
Der Ringschluss rechnet sich nicht

Verkehr Schon lange favorisiert Wendlingen die S-Bahn-Verbindung Neckartal-Filder. Verkehrswissenschaftler setzen stattdessen auf eine neue Regionalzug-Variante. Von Kerstin Dannath

Der Traum eines S-Bahn-Ringschlusses Neckartal-Filder ist ausgeträumt. Aus wirtschaftlichen Gründen wird die auch von der Stadt Wendlingen favorisierte Möglichkeit ad acta gelegt. „Wir sind sehr enttäuscht über die Entwicklung“, bekannte Bürgermeister Steffen Weigel in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats, als die Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung öffentlich vorgestellt wurden. Damit sei der S-Bahn-Ringschluss in weite Ferne gerückt.

Bereits 2016 hatte die Stadt Wendlingen gemeinsam mit dem Landkreis und den Nachbarkommunen eine Machbarkeitsstudie für verschiedene Streckenvarianten einer S-Bahn-Verbindung vom Neckartal auf die Filder beim Verkehrswissenschaftlichen Institut Stuttgart GmbH (VWI) in Auftrag gegeben. Daraus ergaben sich mehrere Varianten. Im Anschluss gingen die beteiligten Kommunen und der Landkreis auf den zuständigen Verband Region Stuttgart zu, der eine weitergehende Machbarkeitsstudie nachschob, deren Ergebnis im September 2018 vorlag. Der Verkehrsausschuss des Verbands ließ daraufhin die sieben aussichtsreichsten Streckenverbindungen vom VWI hinsichtlich ihrer Wirtschaftlichkeit prüfen. Das Ergebnis ist ernüchternd: Nur zwei Varianten überschreiten beim Nutzen-Kosten-Indikator den Wert null - alle anderen liegen darunter. „Das K.-o.-Kriterium ist der Wert 1,0 - sonst gibt es keine Fördergelder vom Bund und vom Land. Ohne Unterstützung von öffentlicher Hand ist ein solches Vorhaben nicht zu stemmen“, sagte Steffen Weigel.

Eine der Varianten im Plusbereich war die sogenannte „NTW-Variante“ über Neuhausen - Denkendorf - Köngen nach Wendlingen, die auch Wendlingen favorisiert. Die NTW-Variante hat einen Nutzen-Kosten-Indikator von 0,05. Laut VWI würden, legt man Preise aus dem Jahr 2016 zugrunde, Gesamtkosten von 715 Millionen Euro fällig. Ohne Gelder vom Land und vom Bund ein Ding der Unmöglichkeit - insofern hat der Verkehrsausschuss des Verbands diese Variante abgeschmettert.

Mit der „StuKiX-Variante“ hat der VWI eine neue Möglichkeit ins Gespräch gebracht. Bei der handelt es sich nicht mehr um eine S-Bahn-Verbindung, sondern um eine Regionalzug-Verbindung zwischen Karlsruhe und Kirchheim, die über die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm sowie eine Südumfahrung um Wendlingen nach Kirchheim geführt werden soll. Diese Variante hat einen Nutzen-Kosten-Indikator von 0,64 und aus Wendlinger Sicht den Vorteil, dass die langjährige Forderung „Schienen aus der Stadt“ erfüllt werden könnte. Die seit 2009 betriebene, 13 Kilometer lange S-Bahnstrecke vom Wendlinger Bahnhof nach Kirchheim, die 32,5 Millionen Euro gekostet hat, wäre überflüssig. Der Verband Region Stuttgart will diese Variante genauer unter die Lupe nehmen, muss sich dabei aber mit dem Land abstimmen, das für die Regionalbahn zuständig ist.

Verfahren gehört überarbeitet

Die Fraktionsmitglieder waren enttäuscht, dass ein S-Bahn-Ringschluss vorläufig vom Tisch ist. „Egal, wie man zu Stuttgart 21 steht, auch hier sind die Kosten explodiert und man hat trotzdem weitergebaut, da man der Meinung war, dass man diese Verbindungen benötigt, um die Verkehrsinfrastruktur zu entlasten“, sagte Weigel. Das gelte für den gesamten Verkehr, sonst bleibe das Wort „Verkehrswende“ eine leere Hülse: „Und das müssen wir jetzt tun und nicht erst in 25 Jahren.“

Einstweilen will sich die Stadt bezüglich der neuen „StuKiX-Variante“ neu positionieren und diese vorantreiben. Aber auch der S-Bahn-Ringschluss ist für die Wendlinger nicht passé: „Wir sind weiter der Meinung, ein Ringschluss wäre der richtige Weg. Die Bewertung nur hinsichtlich der Wirtschaftlichkeit ist eine Katastrophe. Dieses Standardverfahren muss überarbeitet werden“, bekräftigte Bürgermeis- ter Weigel. Er will bei dieser Forderung auch die übrigen Anliegerkommunen und den Landkreis mit ins Boot holen, erste Gespräche seien bereits geführt worden.