Zwischen Neckar und Alb

Der Verkehr muss durch ein Nadelöhr

Großprojekt Die Bahn stellt die Verkehrsführung während des Baus der Bahnstrecke Stuttgart-Ulm vor. Das Autobahnkleeblatt wird umgebaut. Von Barbara Gosson

Der Bau der Bahnstrecke von Stuttgart nach Ulm rückt näher. Ab 2018 wird bei Unterensingen gebaut. Vertreter der Deutschen Bahn AG und des Regierungspräsidiums erläuterten im Rathaus in Unterensingen, was auf die Bürger zukommt. Vor allem der Umbau des Autobahnkleeblattes bei Wendlingen bereitet Kopfzerbrechen. Dafür wurden Lösungen vorgestellt.

Auf Unterensinger Gemarkung befindet sich der Planfeststellungsabschnitt 1.4, der am Flughafen beginnt und bis zum Neckar bei Wendlingen geht. Die Neubaustrecke verläuft parallel zur Autobahn und quert das Autobahnkleeblatt. Dessen südlicher Teil wird umgebaut. Ursprünglich war vorgesehen, alle Fahrzeuge, die von der A 8 aus Stuttgart kommend Richtung Plochingen wollen, und alle, die von Plochingen in Richtung München fahren, an der Betriebsumfahrt Röhmsee umdrehen zu lassen, damit sie in die gewünschte Richtung gelangen. Doch das hat sich als unmöglich erwiesen, sagte der zuständige Ingenieur, Stefan Kaposztas.

Die Betriebsumfahrt Röhm- see befindet sich an der Unterführung der B 313 am Weg zwischen Baggerseen und den Aussiedlerhöfen Kemmner und Gähr. Zu Spitzenzeiten würden dort 2 500 Fahrzeuge pro Stunde fahren. Deshalb wurde von diesen Plänen Abstand genommen. Nur noch Fahrzeuge, die von Plochingen nach München wollen, sollen durch das Nadelöhr. Dann wird mit maximal 770 Fahrzeugen pro Stunde gerechnet. „Wir sind sehr erleichtert dar-über“, sagte Bürgermeister Sieghart Friz.

Geplant sind ab Januar 2018 sieben Bauabschnitte. „Während aller Bauphasen soll auf allen Rampen der Verkehr erhalten bleiben“, verspricht Projektabschnittsleiter Benjamin Denk. Sperrungen seien nicht vorgesehen, nur die Umleitung über die Betriebsumfahrt, diese allerdings über die gesamte Bauzeit. Dafür sei kein zusätzlicher Lärmschutz notwendig. Die Bahn rechnet damit, dass die Planänderung bis zum Spätsommer genehmigt wird. Dann sollen die Eidechsen eingefangen werden und Anfang 2018 der Bau beginnen.

Am stärksten belastet von der Umleitungsstrecke sind die beiden Aussiedlerhöfe der Familien Gähr und Kemmner. Sie werden von ihrer direkten Zufahrt abgeschnitten und fürchten finanzielle Einbußen, wenn der Hofladen nur noch über Umwege zu erreichen ist. Auch der Weg zu den Feldern wird länger. Die vorgesehene Umleitung führt über die Schulstraße und an den Sportplätzen vorbei. Es gibt Bedenken, ob dort schwere Landmaschinen oder Lastwagen mit Lieferungen für die Höfe um die enge Kurve fahren können. Der Gemeinderat fordert in seiner Stellungnahme an das Eisenbahnbundesamt, dass die Umleitungen funktionieren und die Einbußen der Landwirte ersetzt werden müssen.

Die Unterführung der B 313 bekommt einen abgeteilten Weg für Fußgänger und Radfahrer. Auf diesen legt auch die Feuerwehr Wert, die bei Bränden an den Aussiedlerhöfen, im Wald oder an der Gasverdichtungsstation der EnBW eine Löschwasserversorgung von den Baggerseen braucht. Weitere Punkte der Stellungnahme sind die Sicherung der Wasserversorgung für die Höfe, Rücksicht auf die vorgeschichtlichen Siedlungsreste und das Eidechsenvorkommen.

Dem landwirtschaftlichen Ortsverein geht die Stellungnahme der Gemeinde nicht weit genug. Deshalb hat er eine eigene formuliert. Er fordert, auf die Nutzung der Betriebsumfahrt ganz zu verzichten. Die Landwirte legen auch Wert auf einen sorgsamen Umgang mit dem wertvollen Ackerboden, gute Erreichbarkeit der Felder und asphaltierte Umleitungsstrecken.

Im Zuge der Bauarbeiten soll das Autobahnkreuz ertüchtigt werden. Dafür ist das Regierungspräsidium zuständig. Hat die Bahn im Sommer oder Herbst 2020 ihre Bauarbeiten abgeschlossen, sollen alle unfallträchtigen Verflechtungen der Fahrbahnen aufgehoben werden, indem Rampen für jede Auf- und Abfahrt gebaut werden. Die Rampen führen unter der Neubaustrecke hindurch zur Autobahn. Kurvenradien werden dabei vergrößert, um einen dynamischeren Verkehrsfluss zu ermöglichen, berichtete Frank Maiwald. Diese Straßenbauarbeiten erledigt die Bahn, die Entflechtung der Spuren finanziert der Bund.

Neben der Neubaustrecke ist Platz für einen achtspurigen Ausbau der A 8 eingeplant. Zwischen Bahndamm und Autobahn ist ein bis zu drei Meter hoher Wall vorgesehen, der verhindern soll, dass im Unglücksfall Züge auf die Straße oder Autos auf die Schienen geraten.