Zwischen Neckar und Alb

„Deutschland hat mich adoptiert“

Integration Zur Einbürgerungsfeier des Landkreises kamen 120 von 854 Neubürgern. Der frühere Nationalspieler Cacau berichtete von seinen Erfahrungen und dem Stolz, seine neue Heimat zu repräsentieren. Von Roland Kurz

Landrat Heinz Eininger (links) freut sich, mit der frisch eingebürgerten Opernsängerin Catriona Smith und dem früheren Nationals
Landrat Heinz Eininger (links) freut sich, mit der frisch eingebürgerten Opernsängerin Catriona Smith und dem früheren Nationalspieler Cacau zu plaudern.Foto: Andreas Kaier

Menschen, die im vergangenen Jahr die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen haben, waren zur Einbürgerungsfeier ins Landratsamt Esslingen eingeladen. Die frisch eingebürgerte Opernsängerin Catriona Smith aus Filderstadt eröffnete den Festakt mit einem Lied von Hugo Wolf und einer Melodie aus „My Fair Lady“. Seit 26 Jahren lebt die Britin hier. Der Brexit sei ein Grund gewesen, die Einbürgerung zu beantragen. „Und ich wollte das Recht haben, hier zu wählen.“ 27 weitere Briten haben die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen.

Die Zahlen seien seit Jahren stabil, sagte Landrat Heinz Eininger. Er begrüßte besonders herzlich Claudemir Jerônimo Barreto, bekannt als Cacau. Wenn es eines Beweises für dessen geglückte Integration bedürfe: Seine Kameraden aus der Nationalmannschaft, in der Cacau 2009 bis 2012 gespielt hatte, sagten Helmut zu ihm, verriet Eininger. Wer den deutschen Pass wolle, müsse ein langes Verwaltungsverfahren, zahlreiche Behördengänge und einen Sprachtest bewältigen, wusste Eininger. Dafür seien die Eingebürgerten nun gleichberechtigte Bürger in einem Staat mit unabhängiger Justiz, Gleichstellung von Mann und Frau und mit einem Bildungssystem, das leistungsgerechten Aufstieg eröffne. „Es bedeutet aber nicht, dass Sie ihre eigene Kultur ablegen müssen“, betonte der Landrat. Im Gegenteil. „Bringen Sie Ihre Ideen und speziellen Perspektiven mit ein.“

Mit 18 Jahren kam der Brasilianer Cacau 1999 in München an. Mit einem kleinen Koffer und alten Fußballstiefeln, mit der „Hoffnung auf ein neues Leben für mich und meine Familie“, dem Traum, als Fußballprofi Geld zu verdienen. Er habe sich ein Buch mit CD gekauft und jeden Tag Deutsch gelernt, berichtete er nun - in fehlerfreiem Deutsch. „Wenn man hier bestehen will, muss man die Sprache beherrschen“, sagte er, aber das wussten die 120 Gäste im Saal schon. Ob sie aber genauso gute Erfahrungen gemacht haben wie der talentierte Kicker? In Brasilien habe man ihn vor Rassismus in Deutschland gewarnt, das habe er jedoch auf dem Fußballplatz nie erlebt. Klar, die Deutschen seien kühl, aber wenn man sie näher kennenlerne, dann gewinne man „treue Freunde und loyale Partner“. Im Jahr 2009 ließ sich Cacau in Waiblingen einbürgern. „Deutschland hat mich adoptiert und die Nationalmannschaft auch“, beschreibt der Integrationsbeauftragte des Deutschen Fußball-Bunds diese Schritte. Die deutsche Nationalhymne zu singen, sei für ihn der wichtigste Augenblick im Spiel. „Ich bin stolz darauf, Deutschland zu repräsentieren.“

Koku Fofo Ekpon aus Togo hatte mehr Hürden zu überwinden bis er eine Stelle als Wirtschaftsinformatiker bei Daimler erhielt. Er stammt aus einer weltoffenen Professoren-Familie. Am Stuttgarter Bahnhof stellte Ekpon fest, dass hier nicht das Deutsch gesprochen wird, das er zu Hause gelernt hatte. Die ganz große Hürde war, parallel zum Studium Geld verdienen zu müssen. Nachts in einer Verpackungsfirma zu arbeiten, tagsüber zu studieren, das war hart. Als gläubiger Mensch sei er in die Kirche gegangen und habe Anschluss gefunden. Jetzt konnte er der feierlichen Versammlung seine Botschaft verkünden: „Nicht in einer Parallelgesellschaft leben, sondern immer den Mut haben und auf die Gastgeber zu gehen.“

Diesen Tipp griff der Landrat auf: „Wenn wir aufeinander zugehen, nennt man das Integration, sonst ist es eine Einbahnstraße.“

Einbürgerungen im Kreis Esslingen

854 Menschen haben im Kreis Esslingen im vergangenen Jahr die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen.

168 Türken bilden die stärkste Gruppe derer, die sich haben einbürgern lassen.

69 Griechen und 67 Kosovaren stellen die zwei folgenden größeren Gruppen dar.

78 verschiedenen Nationalitäten gehörten die neu Eingebürgerten ursprünglich an.

rok