Zwischen Neckar und Alb

Diakonie beklagt die Verarmung

Notlage Der Kreisdiakonieverband fordert mehr finanzielle Unterstützung für Menschen mit geringem Einkommen.
Symbolfoto: Jean-Luc Jacques

Kreis. Den Menschen im Landkreis Esslingen steht ein teurer Winter bevor. Die Lebenshaltungskosten – ob Heizkosten, Strom, Benzin oder Lebensmittel – steigen rasant. Die Inflationsrate liegt inzwischen bei rund 4,5 Prozent. Vor allem Menschen mit schmalem Geldbeutel stellt dies vor große Probleme. Zumal die Mieten im Landkreis hoch sind und bezahlbarer Wohnraum Mangelware ist. Dagegen wird der monatliche Hartz-IV-Regelsatz für Erwachsene zum 1. Januar 2022 lediglich um drei Euro angehoben und beträgt für eine alleinstehende Person dann 449 Euro. Das sei bei weitem nicht ausreichend, meint Eberhard Haußmann, Geschäftsführer des Kreisdiakonieverbands im Landkreis Esslingen (KDV). Er fordert einen sanktionsfreien Regelsatz von über 600 Euro.

Armut hat viele Auswirkungen: „Arme sind öfter krank, haben keine Rücklagen und keine Altersabsicherung“, erklärt Haußmann. Besonders schwer trifft es auch Kinder. Denn bei Hartz-IV-Empfängern wird das Kindergeld angerechnet. Ausflüge, Kindergeburtstage, ein Besuch im Schwimmbad oder auf dem Weihnachtsmarkt sind meist unerschwinglich. Und wer Sport treiben oder ein Musikinstrument lernen will, braucht zumindest Geld für die Ausrüstung. „Der ständige Mangel schadet der Kinderseele“, weiß Reinhard Eberst, im KDV zuständig für den Fachbereich Kirchlicher Grunddienst. Er fordert deshalb eine einkommensabhängige Kindergrundsicherung. „Bildung kostet Geld und Familien, die keine finanziellen Reserven haben, bleiben oft außen vor.“

Tafel wird stark frequentiert

Auch in den Diakonie- und Tafelläden machen sich die gestiegenen Lebenshaltungskosten bemerkbar. Wer mehr Geld für Strom- oder Heizkosten braucht, kann weniger für Lebensmittel ausgeben. Bis zu fünf Haushalte melden sich pro Woche neu als Tafelkunden an, weiß Tanja Herbrik, die im KDV den Fachbereich Armut und Beschäftigung leitet. Darunter seien viele Menschen, die bisher gut über die Runden gekommen seien. Wer in den Tafeln einkauft, beschränkt sich inzwischen meist auf das Wesentliche. „Die Menschen sparen auch an wenigen Cent und nehmen nur noch das Nötigste mit“, hat Herbrik beobachtet. Ein zusätzliches Problem haben diejenigen, die weitere Wege zu den Tafeln haben. „Sie können oft das Fahrgeld nicht aufbringen“, erklärt Haußmann. Deshalb fordert der KDV für Menschen in der Grundsicherung ein 365-Euro-Jahresticket für den öffentlichen Nahverkehr.

Zudem müsse die Bürokratie abgebaut werden. Die Gelder aus dem Bildungs- und Teilhabe-Paket kämen wegen der bürokratischen Hürden oft nicht bei den Leuten an, so Haußmann. pm