Zwischen Neckar und Alb

Die AfD-Fraktion zerbröselt

Konflikt Zwei Kreisräte aus Wernau sind aus der AfD ausgetreten. Im Kreisverband der Partei habe der Flügel die ­Kontrolle übernommen, sagen sie. Die neu gewählte Sprecherin widerspricht: sie sei bürgerliche Mitte. Von Roland Kurz

Der Kurs von Jörg Meuthen, hier bei einer Veranstaltung in Berkheim, überzeugt die neue AfD-Kreissprecherin Kerstin Hanske nicht
Der Kurs von Jörg Meuthen, hier bei einer Veranstaltung in Berkheim, überzeugt die neue AfD-Kreissprecherin Kerstin Hanske nicht mehr. Foto: Andreas Kaier

Die AfD-Fraktion im Esslinger Kreistag ist von sechs auf vier Mitglieder geschrumpft: Nachdem Uwe Wich und Manfred Kovarik aus der Partei ausgetreten waren, wurden sie aus der Fraktion ausgeschlossen. Die beiden Wernauer sind nun parteilose Mitglieder im Kreistag. „Das ist nicht mehr meine Partei“, begründet Wich seinen Austritt. Im Kreisvorstand und in der Fraktion seien Mitglieder, die mit Björn Höcke und dem sogenannten Flügel sympathisieren.

Nach Ansicht der beiden Aussteiger belegt auch die Neuwahl des AfD-Kreisvorstands einen Schwenk nach rechts. Kerstin Hanske, die neue Sprecherin der Kreis-AfD, sieht dagegen keinen Richtungswechsel. Auch Heiko Kißhauer, Vorsitzender der Kreistagsfraktion, kann keinen grundsätzlichen Schwenk erkennen. Es gebe in der AfD keinen Flügel mehr, sagt Kißhauer, der Bundesvorstand habe gewisse Personen ausgeschlossen, um „auf der bürgerlichen Schiene der Mitte zu bleiben“.

Im Juni sind Kerstin Hanske, Kreisrätin aus Nürtingen, und Christof Deutscher aus Kohlberg zu Sprechern des AfD-Kreisverbands gewählt worden. Die bisherige Sprecherin Vera Kosova, die auch Vorsitzende der Vereinigung „Juden in der AfD“ ist, hat bei der Wahl nicht mehr genügend Stimmen erhalten.

Für Uwe Wich ist damit eine moderate Sprecherin ausgewechselt worden: „Der Flügel hat die Sache komplett übernommen.“ Im Kreisvorstand hätten sich einige Ex-Republikaner breit gemacht. Für Kerstin Hanske sind das nur Unterstellungen. Sie habe noch nie eine Veranstaltung von Höcke besucht und sei „immer bürgerlich in der Mitte“. Der „Flügel“ sei nur ein Mythos. Auf die Abgrenzungspolitik von AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen gegenüber Höcke und Gleichgesinnten angesprochen, erklärt Hanske: „Ich habe Jörg Meuthen bislang sehr geschätzt, in jüngster Zeit wurde er aber schlecht beraten.“ Thüringen und die Bundespolitik seien für sie weit entfernt, meint Hanske. Ihre Motivation, als Sprecherin zu kandidieren sei, den Kreisverband wieder nach vorne zu bringen. Der neue Vorstand plane einiges für die anstehende Landtags- und Bundestagswahl.

Klare Sympathie für den Rechtsaußen Höcke hegt Kreisrat Rainer Heinemann aus Nürtingen. Seine Frau Marion schickt auf Facebook gerne Nachrichten von ihren Besuchen in Thüringen und Sachsen, etwa „Grüße aus Dresden“ mit einem Foto von Höcke bei einer Pegida-Kundgebung. Das Foto von AfD-Bundessprecher Jörg Meuthen wird von der Familie Heinemann mit dem Kommentar „Ich kann dieses Gesicht nicht mehr sehen“ kommentiert, garniert mit einem Kotz-Emoji. Mit dem aus der AfD ausgeschlossenen Landtagsabgeordneten Wolfgang Gedeon, der sich antisemitisch gebärdet, lässt sich das Ehepaar gerne fotografieren.

Fraktionschef Kißhauer weiß, dass die Heinemanns Höcke-Freunde sind, aber solange er „nichts Extremes sehe“, habe er nichts dagegen, dass sie in der Fraktion oder im Kreisverband mitarbeiten. Heinemann sei eigentlich ein „ruhiger Rentner“. Ähnlich äußert sich Hanske: „Ich habe mit niemand ein Problem, mit Heinemann nicht, auch nicht mit Wich und Kovarek.“ Sie bedauere, dass die beiden Kreisräte aus der Partei ausgetreten seien.

Im Esslinger Kreistag haben sich die AfD-Leute im ersten Jahr nach ihrer Wahl ziemlich zurückgehalten. Sie haben zum Haushaltsplan einige Anträge gestellt, aber anders als im Landtag keine provokanten Redebeiträge geliefert. Man habe erst mal in die Kommunalpolitik hineinfinden müssen, erklärt Hanske die bisherige Zurückhaltung. Fraktionssprecher Kißhauer lobt das gute Verhältnis zur Verwaltung und zu den anderen Fraktionen: „Das ist ein vertrauensvolles Miteinander, wie ich es nicht erwartet habe.“