Zwischen Neckar und Alb
Die Bibel kurz und knackig

Religion Der evangelische Theologe Andreas Malessa hat ein Buch in moderner Sprache über „111 Bibeltexte, die man kennen muss“ veröffentlicht. Von Peter Dietrich

Die 111er-Reihe des Kölner Emons Verlags bietet eine große Auswahl: Mal werden „111 Orte in Stuttgart, die man gesehen haben muss“ vorgestellt, mal „111 Dinge über Elefanten, die man wissen muss“ und mal 111 Kölner Kirchen. Vielleicht liegt es ja an der Luft, die in Köln so katholisch ist, dass der Verlag auf eine besondere Idee kam: In die Reihe müssen auch „111 Bibeltexte, die man kennen muss“. Also alle Klassiker von der Arche Noah über David und Goliath bis zur Bergpredigt. Nicht als frommes Andachtsbuch, sondern für Leute, die eher wenig in der Bibel lesen - dieser Zusammenstellung von 66 vielfältigen Büchern und Briefen aus zwei Jahrtausenden. Wer könnte so etwas in moderner Sprache schreiben, klug und frech, ernsthaft und doch mit einem Augenzwinkern? Das könnte ein Fall für Andreas Malessa sein, den Journalisten und evangelischen Theologen aus Hochdorf. Er ist nicht nur als Buch- und Musicalautor, sondern auch als spritziger Vortragsredner bekannt.

Eine Seite pro Bibeltext

Durch den Lockdown fielen bei Andreas Malessa über 70 Termine aus. So hatte er viel Zeit, und sein Arbeitszimmer wurde zur persönlichen Wartburg. Seit dem Theologiestudium habe er nicht mehr so intensiv mit biblischen Texten gearbeitet, sagt er. Die Herausforderung war: Für seine Auslegung jedes Bibeltextes - egal wie monumental - hatte er nur eine Seite. Wie will man das bei Josephs Traumkarriere oder Jakobs Tastsinntäuschung schaffen - oder gar bei der Kreuzigung Jesu? Jeder Redner weiß: Je weniger Redezeit, desto mehr Arbeit steckt oft drin, die Sache auf den Punkt zu bringen.

Als Partner nahm der Emons Verlag die Deutsche Bibelgesellschaft ins Boot, sie steuerte mit der „Basisbibel“ eine moderne Übersetzung bei. Die Auswahl der 111 Bibeltexte ist gut getroffen. Natürlich war nicht für alles Platz. Es gibt keinen „Daniel in der Löwengrube“ und kein „Hohelied der Liebe“ aus 1. Korinther 13. Dafür haben die Zehn Gebote immerhin zwei Buchseiten bekommen, für jede der beiden Gesetzestafeln eine.

Nebenbei lernt der Leser, woher viele Sprichwörter und Begriffe kommen, vom „Tanz ums goldene Kalb“ bis zum „Blut und Wasser schwitzen“, vom Judaskuss bis zu Hokuspokus. Und er landet immer wieder bei ganz aktuellen Fragen: Darf man lügen, um Leben zu retten? Hebräische Hebammen haben das getan, und das wird in 2. Mose ausdrücklich befürwortet.

Ähnlichkeiten mit dem 21. Jahrhundert seien rein zufällig, schreibt Andreas Malessa, aber da ist wieder das Augenzwinkern dabei. Denn der Mensch im Kern ändert sich nicht, und der Bibel ist nichts Menschliches fremd. Aber es hätte schon etwas, würden Politiker mit ihren Verfehlungen so umgehen wie König David. „Sie kommen auch drin vor“, verspricht der Autor im Vorwort dem Leser, die Bibel betreffend.

Ist ein Text sehr bekannt, gibt es eine Gefahr: Nach dem „Es begab sich aber zu der Zeit…“ hört keiner mehr richtig hin. Andreas Malessa lässt den Leser über so manches Detail stolpern. „Auch viele Nichtisraeliten zogen mit ihnen“ steht in der Bibel beim Auszug aus Ägypten. Wie, dieser Tross war gar nicht ethnisch und religiös homogen? Vertrautheit muss aber auch nicht schlecht sein. Psalm 23, „Der Herr ist mein Hirte“, gibt es denn auch ausnahmsweise aus der Lutherbibel. Und Andreas Malessa kostet die eine Seite Platz das einzige Mal nicht bis zur letzten Zeile aus: „Diesem Psalm, dem berühmtesten von allen, habe ich nichts hinzuzufügen.“