Zwischen Neckar und Alb

Die Fasnet virtuell erleben

Fasching Virus hin, Pandemie her: Die Wernauer Narren lassen sich den Spaß nicht nehmen – und feiern corona­konform die fünfte Jahreszeit. Auch die Bürger machen mit und dekorieren eifrig. Von Andreas Pflüger

Die Wernauer Narren schmücken fasnetsmäßig.Fotos: Ines Rudel/Hauenschild
Die Wernauer Narren schmücken fasnetsmäßig. Fotos: Ines Rudel/Hauenschild
Die Wernauer schmücken fasnetsmäßig.Fotos: Ines Rudel / Hauenschild
Die Wernauer schmücken fasnetsmäßig. Fotos: Ines Rudel / Hauenschild

Am „Schmotzigen“ Donnerstag werden in den närrischen Hochburgen für gewöhnlich die Rathäuser gestürmt. Und wie üblich hätten Häs- und Maskenträger die Macht übernehmen sollen: selbstredend auch in Wernau. Doch in diesem Jahr ist alles anders. Bürgermeister Armin Elbl darf erstmals durchregieren. Mit „wäre“, „würde“ und „hätte“ wollten sich Geesgass­deifl und Heckarutscher, Baura und Brotloibla, Laichles­hexa und die Bodenbachsymphoniker - als ortseigene Gugga­musik - nicht zufrieden geben. Die Wer­nauer Narren trotzen Corona mit allen Kräften und haben ein pandemiegerechtes Alternativprogramm auf die Beine gestellt, um dem ­schwäbisch-alemannischen Brauchtum so gut es eben geht ­gerecht zu ­werden.

Vieles davon musste ins Internet verlagert werden und auch wenn die Aktionen kein Ersatz für bunte Umzüge und ausgelassene Partys sein können, so sind die Wernauer Narren von der Resonanz auf ihre Online-Kampagne und der dabei entstehenden Dynamik „sehr begeistert“, wie deren Pressesprecher, Frederick Weiß, zusammenfasst.

„Die Rückmeldungen unserer Mitglieder, aber auch die Reaktionen aus der Bevölkerung sind fantastisch und bestätigen uns in der Einschätzung, dass man die Fasnet auf virtuelle Weise in Wernau zumindest ein Stück weit erlebbar machen kann“, betonen die Zunftmeister Marcel Reith und Michael Niepel unisono. Einige Informationen und Geschichten, die man in den vergangenen Wochen geteilt habe, seien selbst für viele Mitglieder neu gewesen und hätten schöne Einblicke in das Innenleben der Narren-Familie geboten, ergänzt Frederick Weiß. Dass die Beiträge, die unter www.wer­nauer-narren.com natürlich auch auf der Vereins-Website abgerufen werden können, gut laufen, zeigen die Zugriffszahlen. „Wir erreichen immer so zwischen 2000 und 3000 Leute, in der Spitze sogar mehr als 5000“, bilanziert Weiß zufrieden. Im Endspurt, wenn die bisher nicht öffentlich gezeigten Filme auf die Plattformen gestellt würden, hoffe man, vielleicht sogar um die 10 000 Menschen zu erreichen, fügt er hinzu.

Auch die von den Wernauer Narren initiierte Aktion „Zeig Flagge - Schmück dein Haus“ hat im Stadtbild ihren Niederschlag gefunden. Bei einem Rundgang, aber auch im Netz, ist zu sehen, dass die Bevölkerung ihre Fens­ter, Balkone und Hausfassaden geschmückt oder aber kleine Narrenbäume in ihren Vorgärten aufgestellt hat. Besonders bunt ist das Schaufenster der Central-Apotheke am Stadtplatz geworden. Deren Leiterin, Astrid Janovsky, wollte allen, auch den Nicht-Nur-Digitalen, etwas bieten und fragte bei den Wernauer Narren an, ob sie sich für die Dekoration Masken, Fahnen und Puppen in den bekannten Häs ausleihen könne. Bei Michael Niepel rannte sie mit ihrem Ansinnen offene Türen ein: „Eine sehr lobenswerte Geschichte. Da haben wir die Utensilien für die närrische Schaufensterdeko leihweise doch gerne überlassen.“ Er sehe immer wieder, dass Passanten stehen blieben, um die Figuren in der Auslage der Apotheke zu bestaunen. „Das ist fast wie eine Straßenfasnet - halt eine der anderen Art und sogar mit Sicherheitsglas dazwischen“, erklärt er schmunzelnd.

Um den Ort aber noch fastnachtlicher erstrahlen zu lassen, haben die Wernauer Narren am vergangenen Samstag selbst Hand angelegt. Die beiden Weihnachtsbäume am Quadrium und am Stadtplatz hatte die Stadt, was bei einigen Bürgern zunächst für Stirnrunzeln sorgte, auf Bitte der Fasnets-Macher einfach stehen lassen. So konnten diese zu Narrenbäumen umfunktioniert und mit den entsprechenden Devotionalien geschmückt werden. Die Grundschulen und Kindergärten waren für diesen Zweck zum Basteln aufgerufen - und hatten ganz offensichtlich jede Menge Spaß.

Den Spaß wollen sich die versammelten Zünfte auch in den letzten Tagen der ungewöhnlichen Kampagne nicht nehmen lassen. „Wir haben allen Widrigkeiten getrotzt und freuen uns, dass wirklich was gelaufen ist. Aber für’s nächs­te Jahr wünschen wir uns schon, dass wir zu den gewohnten Abläufen zurückkehren können“, stellt Frederick Weiß klar.

...