Sonne, Wind und Wasser fallen vielen als Erstes ein, wenn es um erneuerbare Energien für das Heizen und die Stromerzeugung geht. Doch auch Biogas kann dabei eine Rolle spielen. Erst jüngst schlug der baden-württembergische Landwirtschaftsminister Peter Hauk (CDU) vor, Betreibern von Biogasanlagen zu ermöglichen, ihre Produktion zu erhöhen und so den für Herbst befürchteten Energiemangel abzufedern.
Das sieht auch der Landwirt Alexander Butz so, der eine Biogasanlage in Altdorf betreibt: „Unsere Anlage könnte recht problemlos 30 Prozent mehr Energie liefern, wenn die Höchstbemessungsleistung ausgesetzt würde.“ Die Bemessungsleistung bestimmt die Menge an Kilowattstunden (kWh), die eine Biogasanlage nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) erzeugen darf. Dieses Limit liege bei der Anlage in Altdorf bei 180 kWh. „Es wäre schade, die Chancen, die hier schlummern, nicht zu nutzen, da wir effektiv ohne Investitionen bis zu 240 kW pro Stunde elektrisch einspeisen könnten“, sagt Alexander Butz. „Man hat als Biogasbetreiber das Gefühl, dass kleinere und mittlere Biogasanlagen bisher nicht wirklich berücksichtigt werden.“ Bislang sei nur der Ausbau größerer Anlagen geplant, die das Biogas ins Gasnetz einspeisen.
Doch wie genau funktioniert eigentlich eine Biogasanlage? „Im Prinzip ist es ein simpler Prozess, bei dem man nur organische Substanz und einen luftdichten Behälter benötigt, wie beispielsweise in einer Biotonne“, sagt Alexander Butz.
unsere Anlage
vorstellen wie einen
Kochtopf, aber mit
Luftabschluss.
Die Biogasanlage bestehe aus einem Stahlbetonbehälter mit integriertem Rührwerk sowie einer Heizung, die den Inhalt auf rund 35 bis 60 Grad erwärme. Obendrauf sitze eine luftdichte Abdeckung. „Unsere Anlage ist eine klassische Nassfermentierungsanlage, das kann man sich so vorstellen wie einen großen Kochtopf, der auf einer Herdplatte steht, aber mit Luftabschluss“, so Butz. Die sogenannte Nassfermentation sei günstig, schnell und leicht automatisierbar. „Die Anlage muss ab und zu gewartet und mit Rohstoffen versorgt werden, ansonsten läuft sie voll automatisiert und verlangt mit etwa zwei bis drei Stunden täglich deutlich weniger Zeit als die Kühe unseres Betriebs“, sagt Alexander Butz.
Das System funktioniert so: Nachwachsende Rohstoffe wie Mais, Futterreste, Gras sowie Gülle und Mist werden in den Behälter gefüllt und bilden ein Gemisch. „Beim Mais spricht man auch scherzhaft von der ‚Güllepalme’, da er organischen Dünger gut verwertet und die höchsten Methangaserträge einbringt“, sagt Alexander Butz. Bioabfälle seien zumindest für die Anlage in Altdorf nicht geeignet. „Dazu muss man wissen, dass es unterschiedliche Biogasanlagen gibt, denn Bioabfälle werden nur in einer Anlage mit sogenannter Trockenfermentation zu Biogas“, erklärt Alexander Butz. Hierfür benötige man eine spezielle Genehmigung nach dem Abfallbeseitigungsgesetz. Heckenschnitt und Strauchgut seien außerdem nicht zur Gasproduktion geeignet, da die Bakterien die verholzten Materialien kaum zersetzen könnten.
Durch Rühren und Heizen des Gemischs aus Mist, Gülle und nachwachsenden Rohstoffen produzieren Bakterien organische Säuren. Diese werden wiederum von einem weiteren Bakterienstamm in ein brennbares Gas umgewandelt. „Das entstandene Rohbiogas besteht zu zwei Dritteln aus Methan. Dieses ist somit wie im Erdgas der Energieträger“, sagt Alexander Butz. Vor Ort wird es über das sogenannte Blockheizkraftwerk, einen Motor mit Generator, direkt in Strom und Wärme umgewandelt.
Die Wärme bekommt die Gärtnerei nebenan
„Die Wärme bekommt die Nachbarsgärtnerei und der Strom geht an die Netze BW“, sagt Butz. Ein Vorteil sei, dass sowohl die Rohstoffe als auch das Gas gespeichert und nach Bedarf eingesetzt werden könnten. Die überbleibenden Gärreste der Anlage seien zudem noch als Pflanzendünger nutzbar. „Aktuell sind die Gärreste ein sehr gefragtes Düngemittel, da mineralischer Stickstoffdünger, der eben aus Erdgas gewonnen wird, sehr teuer ist“, betont Alexander Butz.
Seit 2011 betreibt der Familienbetrieb Butz neben der Viehhaltung von 70 Milchkühen auch die Biogasanlage. „Wir wollten uns damals ein zusätzliches Standbein aufbauen und mit der Anlage die daraus entstehenden Synergieeffekte nutzen“, berichtet Alexander Butz. „Beispielsweise kommt schlechtes Futter, das nicht für die Kühe verwendet werden kann, in die Biogasanlage und muss nicht anderweitig entsorgt werden.“
Das EEG aus dem Jahr 2009 regele zudem, dass es für den Strom aus der Biogasanlage 20 Jahre lang eine feststehende Vergütung gibt. „Insgesamt bekommen wir 25 Cent pro Kilowattstunde“, so Alexander Butz. Trotz steigender Energiepreise stehe man als Biogasanlagenbetreiber vor schwierigen Zeiten und profitiere nicht von den Gaspreisen. „Zum Beispiel würden beim Umrüsten der Anlage auf eine flexible Stromproduktion hohe Kosten anfallen“, sagt Alexander Butz.
Neue Technologie soll Energiewende vorantreiben
„Power-to-Gas“ Die Zukunftstechnologie, das „Power-to-Gas“-Verfahren (Energie zu Gas), soll überschüssigen Ökostrom in Wasserstoff oder Methan umwandeln, das darauf in bestehende Gasnetze gepumpt und dort gespeichert werden könnte. Bei Windstille oder nachts kann das Gas in Gaskraftwerken verbrennen – und das annähernd kohlendioxidneutral.
Maislabyrinth in Altdorf Die Landwirtsfamilie Butz bietet neben einem Bauernhof zum Anfassen auch ein Labyrinth an, in dem man sich verlaufen kann. Auf einem rund 10 000 Quadratmeter großen Maisfeld wurde ein Netz aus Irrwegen angelegt. Noch bis Mitte September kann man sich einen Weg durch das Feld bahnen. ro