Der promovierte Biologe Roman Lenz wittert eine neue Erfolgsgeschichte. 20 Jahre habe es einst von der ersten Idee bis zur Ernte der Alblinse gebraucht. Mittlerweile aber findet man die einst verschollene Sorte in vielen Handelsregalen, in den Töpfen und auf den Tellern derer, die sich gesund und mit regionalem Bewusstsein ernähren wollen. „Mit der Schwabenbohne geht es hoffentlich schneller“, sagt Lenz, der Professor und Dekan an der Nürtinger Hochschule für Wirtschaft und Umwelt ist und das Genbänkle mit aus der Taufe gehoben hat und voranbringen will.
Kern- oder Trockenbohnen werden im Gegensatz zu den Schnittbohnen hierzulande kaum angebaut und angeboten. Nach dem Zweiten Weltkrieg ging es diesen Nutzpflanzen wie der Alblinse: „Die Schwabenbohne ist ausgestorben“, sagt Lenz. Obwohl damals jeder Schwabe Exemplare verschiedener Sorten, die botanisch betrachtet allesamt Feuerbohnen sind, im Garten hatte. Ihre Widerstandsfähigkeit machte sie beliebt.
Warum kam dann das Ende? Weil die Industrialisierung der Lebensmittel und die Möglichkeit, solche günstig zu importieren, ihr den Garaus machte. Ihr Problem: Die Bohne braucht den Mais als Stützfrucht, ganz so wie die Linse die Gerste braucht. Das ist für den Landwirt kompliziert zu bewerkstelligen.
So glaubte denn auch Woldemar Mammel, der Vater der modernen Alblinse, nicht an einen aktuellen Erfolg der Schwabenbohne, berichtet Roman Lenz. Was nicht maschinell zu ernten sei, könne sich nicht durchsetzen, so dessen Argument. Das war vor drei Jahren. Und mittlerweile ist klar: Zum Glück hat Mammel nicht Recht behalten. Denn in der Steiermark werden die Sorten Melange und Bohnella unter der geschützten Bezeichnung der Käferbohne angebaut und durchaus auch maschinell geerntet. Da wurde auch schon ein Vollernter aus dem Weinbau umgebaut. Auch bei Freiburg baut der Wein- und Biobauer Viktor Lang seit zwei Jahren Feuerbohnen als „Viki-Beans“ an. Dort kaufte Lenz denn auch 25 Kilo ein. Der Unverpacktladen „Glas und Beutel“ in Nürtingen hat sie zudem in ihrem Sortiment und weitere Unverpacktläden in Tübingen und Freiburg auch.
Nicht nur robust sind diese Trockenbohnen, weshalb sie im Neckartal früher so gerne angebaut wurden wie Späths Linse auf der rauen Alb. Gesund sind die Hülsenfrüchte obendrein. Ob Linse, Erbse oder eben Bohne: Sie sind sehr eiweißhaltig und schenken dem Menschen deshalb auch wichtige Aminosäuren.
Linsen und Spätzle zum Beispiel sind nicht nur ein wohlschmeckendes schwäbisches Nationalgericht. Die Mischung aus Hülsenfrucht und Getreide deckt auch das ganze Eiweißspektrum ab. Das ist wichtig, wenn man weniger Fleisch isst. Die Reduzierung von Fleisch ist durchaus im Trend, weshalb Lenz daran glaubt, dass auch die Schwabenbohne beim Verbraucher gute Karten haben wird, ähnlich wie die Alblinse.Pflanzliche Eiweiße als Ersatz für tierische seien eine gute Idee. Sojabohnen und Reis werden in Asien in Kombination gegessen, und die Inkas verzehrten vor allem Bohnen und Mais. Der historische Volksmund und -magen lügt nicht. Auch wenn es im Schwabenland freilich kein Nationalgericht gibt, das Bohnen beinhaltet. Doch trotz dieses Marketingnachteils glaubt Lenz an die Schwabenbohne. Hilfe kommt jetzt von einem neuen Sponsor: Erdgas-Südwest spendiert fünf Jahre lang jedes Jahr 5000 Euro. Mit dem Geld des Energieunternehmens werden nun Anbauversuche und deren Dokumentation finanziert. Mit im Boot sind unter anderem auch die Universität Hohenheim und die Netzwerkpartner des Genbänkles wie die Vielfaltsgärtner von den Fildern oder auch der Salemer Samengarten. Lenz: „Getestet wird, was die Schwabenbohne auf den Teller und auf das Feld bringen kann.“ Fünf, sechs Sorten werden dabei unter die Lupe genommen.
Verschiedene Fragen sollen beantwortet werden. Wachsen die Bohnen zusammen mit dem Mais so, dass es einen guten Ertrag gibt? Und schmecken die Bohnen dann auch? Die letzte Frage ist freilich ganz entscheidend, denn das letzte Wort in einer etwaigen Erfolgsgeschichte der Schwabenbohne hat natürlich der Verbraucher mit seiner entsprechenden Kaufentscheidung. Dafür muss auch der Preis wirtschaftlich darstellbar sein.
Lenz glaubt, dass all diese Faktoren bei der Schwabenbohne stimmen werden und eine ähnliche Erfolgsstory wie die der Alblinse möglich ist. Andere Erfolgsgeschichten des Genbänkles machen ihm da Mut. So verkaufte man im vergangenen Frühjahr just zum Aufflammen der Corona-Pandemie rund 1000 Päckchen „Wachsende Vielfalt“ mit Saatgut von verschiedenen seltenen Kultur- und Nutzpflanzen wie Linsen, Salat, Kohl & Co. In dieser Gartensaison waren es dann sogar schon 1200 Päckchen - bisher, denn noch sind Restbestände der Mischung über die Homepage des Vereins erhältlich.