Zwischen Neckar und Alb

Dorothee Schuster legt Mandat nieder

Lokalpolitik Muss eine Mitarbeiterin im Revisionsamt des Kreises den Gemeinderat verlassen?

Dorothee Schuster legt Mandat nieder
Dorothee Schuster legt Mandat nieder

Köngen. In einer persönlichen Erklärung wandte sich Dorothee Schuster an die Ratskollegen und Zuhörer im Köngener Rathaus: „Ich arbeite seit Juni im Revisionsamt des Landkreises und bin dort zuständig für die Überprüfung der Finanzen bei Kommunen unter 4 000 Einwohnern. Diese Tätigkeit wird seitens des Landratsamtes als Hinderungsgrund aufgefasst – eine nicht unumstrittene Auffassung“, sagte Schuster. Ein Hinderungsgrund tritt meist dann ein, wenn es zu einem Interessenkonflikt zwischen beruflicher Tätigkeit und ehrenamtlicher Gemeinderatstätigkeit kommt.

Paragraf 29 der Gemeindeordnung ist hier eigentlich ganz eindeutig: Beamte und Arbeitnehmer der Gemeinde beispielsweise können nicht gleichzeitig ein Gemeinderatsmandat ausüben. Beamte und Arbeitnehmer eines Gemeindeverwaltungsverbands oder eines Zweckverbands, dessen Mitglied die Gemeinde ist, können ebenfalls kein Gemeinderatsmandat wahrnehmen. Zudem dürfen auch Beamte und Arbeitnehmer der Rechtsaufsichtsbehörde, der oberen und der obersten Rechtsaufsichtsbehörde, die unmittelbar mit der Ausübung der Rechtsaufsicht befasst sind, keinen Sitz im Gemeinderat haben. Aber auch die Heirat zweier Gemeinderäte ist beispielsweise bei Gemeinden unter 10 000 Einwohnern ein Hinderungsgrund.

Der Köngener Vorsitzende der SPD-Fraktion, Gerhard Gorzellik, sagte in der Sitzung, die Fraktion werde sich bei der Abstimmung über das Ausscheiden von Dorothee Schuster aus dem Gemeinderat der Stimme enthalten. „Damit wollen wir zum Ausdruck bringen, wie sehr wir Dorothee Schuster schätzen. Damit wollen wir aber auch zum Ausdruck bringen, dass es auch eine andere Rechtsauffassung gibt“, so Gorzellik.

Doch welche andere Rechtsauffassung könnte es geben? Darüber war in der Gemeinderatssitzung jedenfalls nichts zu erfahren. Wie am Mittwoch zu hören war, habe die Gemeinde Köngen, um die Frage des Hinderungsgrundes zu klären, ein Gutachten in Auftrag gegeben. Dieses Gutachten sei im Ergebnis nicht ganz eindeutig. Es verwerfe nicht die Rechtsauffassung des Landratsamtes. Es gelange jedoch auch nicht eindeutig zu der Auffassung, dass im Fall Dorothee Schuster ein Hinderungsgrund vorliegen müsse.

Der Knackpunkt scheint zu sein, dass Schuster im Revisionsamt nur für Gemeinden unter 4 000 Einwohnern zuständig ist. Die Finanzprüfung für Gemeinden über 4 000 Einwohner, zu denen Köngen gehört, ist Sache der Gemeindeprüfungsanstalt. Kommunalrechtsexperten sehen diese Rechtsauffassung ein wenig als Ritt auf der Rasierklinge an. Sitze ein Gemeinderat möglicherweise unberechtigt im Gremium, könnten vom Gemeinderat gefasste Beschlüsse ihre Gültigkeit verlieren.

Nun also soll, im Konsens, nicht im Streit, wie Gerhard Gorzellik betonte, genau diese Frage geklärt werden.

Damit aber in dieser Zeit die Arbeit der SPD-Fraktion im Köngener Gremium nicht behindert wird, hat Dorothee Schuster nun ihren Sitz im Gemeinderat an Reinhard Lenk weitergegeben. Seit 2009 vertrat sie die Interessen der SPD in der Gemeinde. Ihr berufliches Engagement im Landratsamt ist allerdings noch etwas länger. Es begann 2001, sie war unter anderem beim Wirtschaftskontrolldienst, später dann in der Heimaufsicht tätig. Ihre neue Tätigkeit im Revisionsamt bezeichnet sie als hochinteressant. Doch auch die Arbeit im Gemeinderat liegt ihr am Herzen. Deswegen hofft sie nun auf eine Klärung der Sachlage, um dann eventuell in drei Jahren anlässlich der Kommunalwahlen wieder auf die SPD-Liste zu kommen.

Reinhard Lenk, der noch am gleichen Abend auf dieses Ehrenamt verpflichtet wurde, betonte: „Ich bedauere die Umstände, die dazu geführt haben, dass ich nun im Gremium sitze, ausdrücklich.“ Er sprach Dorothee Schuster seine Hochachtung dafür aus, diesen Schritt gemacht zu haben. Sylvia Gierlichs/Foto: Halw