Zwischen Neckar und Alb
„Dort etwas bewegen, wo man lebt“

Personalie Andrea Haygis ist die neue Geschäftsführerin der Beratungsstelle für Opfer sexualisierter Gewalt.

Esslingen. Jahrelang hat sie ehrenamtlich für den Esslinger Verein Wildwasser gearbeitet. Mit dieser Erfahrung im Rücken hat Andrea Haygis nun die Geschäftsführung der Fachberatungsstelle bei sexualisierter Gewalt übernommen. Für die 55-jährige Kunsttherapeutin aus Esslingen ist das auch eine Rückkehr zur Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Der Kampf gegen sexualisierte Gewalt ist für sie eine „Querschnittsaufgabe der Gesellschaft“.

Haygis ist in Nürnberg geboren und lebt seit 1999 mit ihrer Partnerin in Esslingen. Sie hat zunächst Biotechnologie studiert und dann die Ausbildung zur Diplom-Kunsttherapeutin gemacht. Traumatherapie, systemische Beratung und soziale Prozessbegleitung sind Angebote in ihrem Portfolio. Beim Verein Wildwasser hat sie als Ehrenamtliche Kurse für junge Mädchen zur Prävention vor sexualisierter Gewalt geleitet.

Zuletzt hat Haygis bei der Stuttgarter Einrichtung Fetz gearbeitet. In dem Frauenberatungs- und Therapiezentrum war sie Mitglied des Leitungsteams. „Wir haben in Stuttgart viel verbessert und auf den Weg bringen können“, sagt sie. „Es ist aber auch immer eine Motivation, dort etwas zu bewegen, wo man lebt.“ Und sie habe sich die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen zurückgewünscht. „Es ist wichtig, junge Menschen, die Übergriffe erleben mussten, gut zu begleiten, dass sie das verarbeiten und mit ihrem Leben weitermachen können“.

So ist die therapeutische Arbeit mit Kindern und Jugendlichen der Schwerpunkt ihrer Arbeit bei Wildwasser. Dazu komme eine Öffnung für die Menschen, die sich in der Gesellschaft nicht gut vertreten fühlen. „Deren Vielfalt gilt es abzubilden, Menschen mit Behinderungen oder Transmenschen“, erklärt die 55-Jährige. Sie verweist auf eine Studie, die ein hohes Maß an sexualisierter Gewalt an Frauen mit Behinderungen und Beeinträchtigungen aufzeigt. Deshalb will sie Frauenbeauftragte mit den betreuten Werkstätten zu vernetzen.

Ein neues Widlwasser-Projekt, heißt „Nachtsam“ und beschäftigt sich mit sicherem Nachtleben speziell für junge Frauen. Derzeit wird eine Schulung für Veranstalter und Mitarbeiter in Bars und Clubs vorbereitet. Als weitere Aufgaben nennt Haygis die Finanzierung von Wildwasser. Den Verein sieht sie gut aufgestellt – mit einer guten Beratungstätigkeit und Vernetzung in alle Zweige der Gesellschaft.

Nach wie vor spielt auch die Kunst eine Rolle in Haygis’ Leben: Sie malt und zeichnet – und hofft, dass sie mal wieder in einem Chor singen kann, da ihr früherer Jazz-Chor in Stuttgart wegen Corona verstummt ist. Barbara Scherer