Zwischen Neckar und Alb
Drei Fragen an Martin Schutz

1.Welche Ursachen haben die Sprachstörungen? Unterscheiden Sie eigentlich zwischen genetisch-physiologischen und sozialisationsbedingten Faktoren?

Diese Unterscheidung bringt nichts. Für die Eltern macht das auch keinen Unterschied, allenfalls ruft es auch noch Schuldgefühle hervor. Der Problembewältigung ist das eher abträglich. Wir haben allerdings Schüler, deren Eltern schon auf der Sprachheilschule waren, insofern könnte man hier durchaus auf einen Sprachschwäche-Typus schließen.

2.Ist der Anteil an Kindern mit Sprachverzögerung in den vergangenen Jahren gestiegen?

Ja, das stellen die Gesundheitsämter bei der Untersuchung vor der Einschulung fest. Eine Ursache dürfte im vermehrten Medienkonsum liegen. Wenn man Eltern befragt, wie lange ihr Kind vor dem Fernseher sitzt und wann es ins Bett geht, dann sind die Antworten schon bedenklich. Auch in Wartezimmern kann man beobachten, dass Eltern mit dem Handy beschäftigt sind, nicht mit dem Kind. Oder dass die Kinder beim Einkauf nebenher laufen, anstatt einbezogen zu werden. Dabei bestärkt gerade der Augenkontakt das Kind, sich sprachlich zu äußern. Wir versuchen, mit Intensiv-Elternabenden dagegenzusteuern.

3.Ihre Schule bezeichnet sich als Durchgangsschule, die versucht, die Kinder bald wieder in die Regelschule zu bringen. Ist es da nicht naheliegend, die Kinder gleich inklusiv zu beschulen und an der Regelschule zu fördern?

Nein, die Intensivförderung in den ersten Schuljahren ist der bessere Weg. Das ermöglicht die anschließende Inklusion. Das sieht der Elternbeirat genauso. Wir versuchen die Rückschulung nach Klasse 2 oder Klasse 4, spätestens nach der 6. Klasse. Beim Versuch, die Kinder an der Regelschule zu fördern, haben wir auch schon Rückschläge erlebt. Da ist dann niemand für die Finanzierung der Soundfield-Anlage zuständig - ein Hilfsmittel, das wir an unserer Schule in jedem Klassenzimmer haben. rok