Zwischen Neckar und Alb

Edle Tropfen im Herzen der Stadt

Marketing Die Esslinger Weingärtner starten eine Qualitätsoffensive. Mit einer Vinothek am Marktplatz wollen sie jetzt mehr als bisher Präsenz zeigen und die Weine zur Verkostung anbieten. Von Harald Flößer

Auf erfolgreiche Zeiten: Martin Gaysert, Andreas Rapp, Frank Dittus, Brigitte Schmucker, Ramona Fischer und Achim Jahn (von link
Auf erfolgreiche Zeiten: Martin Gaysert, Andreas Rapp, Frank Dittus, Brigitte Schmucker, Ramona Fischer und Achim Jahn (von links). Foto: Ines Rudel

Der Wein gehört zu Esslingen wie die Burgmauer. Und als identitätsstiftendes Element muss er auch im Herzen der Stadt allgegenwärtig sein. Diese Überzeugung hat die Esslinger Weingärtner dazu bewogen, stärker als bislang Präsenz zu zeigen. Direkt am Marktplatz tut sich nun eine Chance auf, die man nicht verstreichen lassen wollte. Im ehemaligen „Cosmopolita“, wo bis zum Frühjahr italienische Spezialitäten serviert wurden, werden die Weingärtner noch vor Weihnachten eine Vinothek eröffnen. „In diesem schönen Ambiente wollen wir unsere Gäste die Topqualität unserer Produkte probieren lassen“, sagt Vorsitzender Achim Jahn. Über Wein sprechen und genießen, im Zentrum der Stadt, das sei das Ziel. Kein Wirt brauche Konkurrenz fürchten, ergänzt Geschäftsführerin Ramona Fischer. „Es soll kein neuer gastronomischer Betrieb werden. Wir können Wein. Das ist unsere Kernkompetenz.“

Viele Jahre beherbergte das rund 400 Jahre alte Gebäude Marktplatz 25 die Schwanen-Apotheke. Bis der frühere „Reichsstadt“-Wirt Salvatore Marrazzo 2017 daraus ein italienisches Restaurant machte. Doch das Konzept des „Cosmopolita“ ging bekanntlich nicht auf. Vor allem unter der Woche kamen zu wenig Gäste. Die Folge waren Zahlungsprobleme. Im Mai musste Marrazzo Insolvenz anmelden. Seither konzentriert er sich auf das „Accanto“ gleich nebenan.

Frank Dittus, der Geschäftsführer der „Von der Herberg Haus- und Grundbesitz GmbH“, ist froh darüber, dass er nach nur kurzem Leerstand für das historische Gebäude einen Nachmieter gefunden hat. „Wir hatten von Anfang an gute Gespräche“, sagt er. Die Weingärtner habe er als „seriöse, angenehme Partner“ kennengelernt. Die hätten schon seit Jahren auf so eine Gelegenheit gewartet, berichtet deren Vorsitzender Achim Jahn. Das Thema Vinothek an einem Premiumstandort in Esslingen werde unter den Wengertern seit langem diskutiert. „Es wäre eine Sünde gewesen, das nicht zu prüfen.“

Mit Provisorium beginnen

Andreas Rapp, der stellvertretende Vorsitzende, sieht in dem Projekt auch eine Qualitätsoffensive. Bei den Weingärtnern habe sich ein Imagewandel vollzogen, der bislang in der Öffentlichkeit noch nicht richtig angekommen sei. „Wir produzieren Spitzenweine, die regelmäßig mit Preisen ausgezeichnet werden. Das wollen wir hier am Marktplatz verstärkt zeigen.“ Das historische Gemäuer im Herzen der Stadt biete dafür exzellente Möglichkeiten, vor allem die gehobenen Produkte ins rechte Licht zu rücken, beispielsweise mit Weinproben. Servieren werde man dazu nur kleine Happen, aber kein warmes Essen. Die Weinverkostung wird nach den Worten der Geschäftsführerin auch im Freien möglich sein.

An unternehmerischem Mut mangelt es den Weingärtnern nicht. Erst in jüngster Vergangenheit hat die Genossenschaft drei Millionen Euro in ihren Hauptstandort in Mettingen investiert. Modernisiert wurden die Präsentations- und Verkaufsräume, zudem hat man das Gebäude um ein Stockwerk erhöht. Ziel sei es gewesen, die Produktionsstätte auch für alle Arten von Events tauglich zu machen. Bestehen bleibt als weiteres Standbein für Weinverkostungen der „Burgblicktreff“ in der Webergasse.

Einen konkreten Eröffnungstermin für die Vinothek am Marktplatz gibt es noch nicht. „Wir wollen aber auf jeden Fall vor dem Weihnachtsmarkt starten“, sagt Geschäftsführerin Ramona Fischer. Erst einmal mit einem Provisorium. Im Januar und Februar solle der Umbau erfolgen, sodass im März der Betrieb richtig beginnen kann. Wie die Weinverkostung aussehen soll, welche konkreten Zusatzangebote man machen werde, eventuell Führungen in die nahe gelegenen Weinberge, stehe noch nicht genau fest, sagt Fischer. „Wir haben viele Ideen.“ Denkbar sei eine Kooperation mit der Stadt-Info. Denn man wolle verstärkt auch die Touristen von den guten Tropfen aus Esslingen überzeugen. „Nichts überstürzen, wir müssen da reinwachsen“, sagt die Geschäftsführerin.