Zwischen Neckar und Alb

„Ein bisschen wie Harley fahren“

Technik Eigentlich wollten Simon Olbert und Michael Kruschhausen nur etwas Spaß haben. Jetzt bringen sie ­Elektro-Gefährte auf den Markt, die Jung und Alt begeistern sollen. Von Harald Flößer

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Michael Kruschhausen (links) und Simon Olbert mit ihren beiden Erfindungen: Bullet Board und Bullet Bike. Foto: Bulgrin

Hoher Lenker, Bananensattel, Schalthebel am Oberrohr und hinten dran wedelt ein Fuchsschwanz. So kam in den 70er-Jahren das Bonanza-Rad daher, ein cooles Gefährt, das ein gewisses Lebensgefühl widerspiegelte. Simon Olbert aus Plochingen und Michael Kruschhausen aus Bad Boll haben diese Idee technisch weiterentwickelt und in die Neuzeit übersetzt. Mit ihrem „Bullet Bike“ wollen sie Leute ansprechen, die das Rad gerne zum Cruisen nutzen und damit auch noch stylisch aussehen wollen. Spaß können dank Sitzbank auch Sozius oder Sozia haben. Und damit das Vergnügen zu zweit nicht zu anstrengend ist, haben die beiden ihr Funbike mit einem Elektro-Motor ausgestattet. „Das ist ein bisschen wie Harley fahren“, schwärmt Olbert.

Klingt nach einem klassisch-schwäbischen Start-up: zwei Jungunternehmer, die auf dem Sprung in die Selbstständigkeit sind. Nicht ganz. Denn beide haben einen Beruf, der sie erfüllt und den sie deshalb auch nicht aufgeben wollen. Sie sind Realschullehrer. In ihrer Freizeit tüfteln beide für ihr Leben gerne, und zusammen haben sie in den vergangenen drei Jahren zwei Produkte entwickelt, die das Zeug haben, eine Marktnische zu erobern. Ein E-Board, das mit 40 Sachen durch die Gegend düst, und eben jenes Elektro-Bike, das wegen seines Designs überall gleich auffällt. Ihre Mobile haben allerdings einen Haken: In anderen europäischen Ländern dürfen sie auf öffentlichen Straßen und Plätzen benutzt werden, aber in Deutschland ist das untersagt.

Die Geschichte ihrer Erfindungen beginnt im Jahr 2015. Michael Kruschhausen machte damals Urlaub in Kalifornien. Was er dort zu sehen bekam, entfachte in ihm ein Feuer: Amerikaner, die dort lässig auf Electric Boards umher cruisten und dabei riesigen Spaß hatten. Noch am gleichen Tag schickte er Bilder an seinen Freund Simon, versehen mit einer auffordernden Botschaft: So etwas brauchen wir auch. Gesagt, getan. Monatelang haben die beiden konstruiert und herumgeschraubt, mit verschiedenen Komponenten rumprobiert und die Mobile in der Praxis getestet. Bis das mattschwarze Bullet Board fertig war. Das Fahrzeug ist mit einem 2 000 Watt starken E-Motor ausgestattet, mit dem man bis zu 40 Stundenkilometer schafft. „Es gibt etliche Hersteller von Elektro-Boards“, berichtet Simon Olbert. „Aber unseres ist mit seiner Power konkurrenzlos.“ Bedient wird es mit einer Fernsteuerung, die der Fahrer in der Hand hat. „Mit ein wenig Übung ist das Fahren selbst für Unerfahrene kein Problem“, versichert Kruschhausen. Eine sogenannte Smooth-Start-Funktion ermöglicht ein sanftes Beschleunigen. Die ferngesteuerte Bremse garantiert ein kontrolliertes Anhalten des acht Kilogramm schweren Boards. Je nach Strecke hat das Gefährt eine Reichweite von bis zu 15 Kilometer.

Alles selbst finanziert

Der Spaß ist nicht billig. 800 Euro kostet so ein Rennbrett. „Wir wollten die Boards anfangs nur für uns machen“, erzählt Kruschhausen. Doch dann entschieden sich die beiden, doch damit auf den Markt zu gehen. Der Erfolg gibt ihnen recht. Sie haben etliche Boards verkaufen können, auch in Deutschland. Ebenso zu einer Erfolgsgeschichte entwickelt sich die zweite Erfindung der zwei Realschullehrer, das Bullet Bike. Ein Jahr lang haben sie herumgetüftelt, bis der Prototyp fertig war. „Da ist viel Learning by Doing dabei“, verrät Olbert. „Wir müssen es später ja auch reparieren können.“ Der Alurahmen wird nach den Vorgaben der schwäbischen Erfinder in China geschweißt.

Bei Messen haben die beiden auf Anhieb großes Interesse erzeugt. Das hat sie ermutigt, im vergangenen August an den Markt zu gehen. Das bedeutet nicht nur viel Zeit, sondern auch Kosten. „Wir haben bisher alles aus eigener Tasche finanziert“, sagt Kruschhausen. Mit ihren Erwartungen bleiben sie auf dem Teppich. Alles Schritt für Schritt und in einem finanziell kalkulierbaren Rahmen. „Wir sind nicht blauäugig“, betont Olbert.