Zwischen Neckar und Alb

Ein fairer Kompromiss

Kommentar von Bernd Köble über den Streit um Fahrpreise im VVS

Am 18. Februar hatte das Unternehmen einen Insolvenzantrag gestellt. Symbolbild
Am 18. Februar hatte das Unternehmen einen Insolvenzantrag gestellt. Symbolbild

Region. Ja, es stimmt, dass der Landkreis in den kommenden drei Jahren eine Stange Geld ausgeben wird, um sich am Ausbau des Schienennetzes zu beteiligen. Ja, es ist wahr, dass sich die Attraktivität des Nahverkehrs nicht nur an niedrigen Fahrpreisen misst, sondern auch an der Qualität des Angebots, und ja, ganz sicher gilt, dass man Geld nur einmal ausgeben kann. Trotzdem kann man sich im Streit zwischen dem grünen Verkehrsminister im Land und den Landkreisen um eine zweite Nullrunde im VVS des Eindrucks nicht erwehren, hier hätten manche Kommunalpolitiker nicht verstanden, worum es eigentlich geht.

Gerade hat die Landesbank dem potenten Südwesten eine graue Zukunft prophezeit. Der Strukturwandel in der Autoindustrie ist ein wesentlicher Grund dafür. Im Land fehlt es an Fachkräften, für die der Standort im Wettstreit der Regionen an Attraktivität verliert. Als Arbeitsstätte, aber auch als Wohnadresse mit Lebensqualität. Hohe Mieten, verstopfte Straßen, Lärm und dreckige Luft sind keine Aushängeschilder. Experten sind sich längst einig, dass nicht allein E-Mobilität die Lösung für einen Großteil der Probleme ist, sondern ein funktionierendes System aus Bus und Bahn. Klar ist auch, dass der Preis dafür in jeder Hinsicht viel zu hoch ist. Das gilt fürs Ticket, aber auch für Investitionen, die ohne irrwitzige Planungsverfahren kaum mehr denkbar sind. Mehr als 200 Millionen Euro für weniger als fünf Kilometer S-Bahn-Verlängerung auf den Fildern seien den Menschen nicht mehr zu erklären, stellte CDU-Fraktionschef Sieghart Friz vor zwei Wochen im Kreistag fest. Wer wollte dem Mann widersprechen?

Die VVS-Tarifreform war im April ein wichtiger Schritt. Fünf Prozent mehr Fahrgäste sind ein Erfolg. Jetzt kann es nur heißen: weiter so. Auch, wenn der ÖPNV ein Zuschussgeschäft bleiben wird, an ihm führt wirtschaftlich wie ökologisch kein Weg vorbei. Wer wie der Kreis in den kommenden fünf Jahren eine Viertelmilliarde Euro in Bauprojekte stecken will, sollte sich überlegen, ob 980 000 Euro für stabile Fahrpreise im Nahverkehr keine Investition sein könnte, die sich langfristig rechnet.

Das Land hat sich auf die Tarifpartner zubewegt. Die Zusage, sich mit einem Viertel der Kosten über das Jahr 2025 hinaus an den Zuschüssen zu beteiligen, ist ein fairer Kompromissvorschlag. Kommunalpolitiker im konservativen Lager zweifeln die Verlässlichkeit solcher Versprechen an. Doch für parteipolitisches Gezänk ist das Thema zu wichtig. Für Verlässlichkeit und klare Linien gibt es schließlich Verträge. Die sollte man nun schleunigst unterzeichnen.