Zwischen Neckar und Alb
Ein Krankenhaus geht auf Reisen

Entwicklungshilfe Der Arbeitskreis Integration in Frickenhausen hat medizinisches Gerät für Gambia organisiert. Mit der Hilfsaktion wollen die Initiatoren die Fluchtursachen vor Ort bekämpfen. Von Thomas Schorradt

In Gam­bia fällt Weih­nach­ten in die­sem Jahr auf den 28. No­vem­ber. Die­ser Ein­druck drängt sich dem un­be­fan­ge­nen Be­ob­ach­ter beim Blick in die rap­pel­vol­le Al­te Kel­ter von Fri­cken­hau­sen auf. In dem his­to­ri­schen Ge­bäu­de, in dem jahr­hun­der­te­lang der Tä­les­wein ge­kel­tert wur­de, hat der Fri­cken­hau­se­ner Ar­beits­kreis In­te­gra­ti­on im Lauf der ver­gan­ge­nen Mo­na­te fast ein kom­plet­tes Kran­ken­haus zwi­schen­ge­la­gert. Das von den Kli­ni­ken der Re­gi­on aus­ge­mus­ter­te me­di­zi­ni­sche Ge­rät steht be­reit, um in die Kran­ken­häu­ser des west­afri­ka­ni­schen Lan­des trans­por­tiert zu wer­den. Am 28. No­vem­ber soll der Con­tai­ner, der von Bre­mer­ha­ven aus auf den Weg ge­bracht wird, im Ha­fen der gam­bi­schen Haupt­stadt Ban­jul ge­löscht wer­den.

Al­lein sechs Ul­tra­schall­ge­rä­te, ein Rönt­gen­ge­rät, 21 Pa­ti­en­ten­mo­ni­to­re, ein EKG-Ge­rät, ein In­ku­ba­tor für die Ver­sor­gung von Früh­ge­bo­re­nen, ei­ne kom­plet­te Zahn­arzt­pra­xis und ei­ne all­ge­mein­ärzt­li­che Pra­xis war­ten dar­auf, in den Kran­ken­häu­sern und Am­bu­lan­zen von Gam­bia - das mit ei­ner Flä­che von 11 000 Qua­drat­ki­lo­me­tern das kleins­te afri­ka­ni­sche Land ist - zum Ein­satz zu kom­men. „Die Re­so­nanz auf un­se­ren Auf­ruf ist über­wäl­ti­gend ge­we­sen“, sagt die Ver­eins­vor­sit­zen­de Car­la Bre­gen­zer. Vom Stutt­gar­ter Ma­ri­en­hos­pi­tal über die Tü­bin­ger Uni­ver­si­täts­kli­nik bis hin zu den Häu­sern des Kli­nik­ver­bunds Süd­west und den Me­di­us­kli­ni­ken im Kreis Ess­lin­gen ha­ben die Kran­ken­häu­ser im Land ih­re aus­ge­mus­ter­te, aber noch funk­ti­ons­fä­hi­ge Aus­stat­tung ge­spen­det. Das Tech­ni­sche Hilfs­werk (THW) im Kreis Ess­lin­gen küm­mert sich um den Trans­port.

„Das Pro­jekt hat ei­ne ge­wal­ti­ge Sog­kraft ent­wi­ckelt“, sagt An­to­nia Bäu­er­le, die ge­mein­sam mit Car­la Bre­gen­zer die Spen­den sich­tet und als Ärz­tin ihr me­di­zi­ni­sches Fach­wis­sen ein­bringt. Ih­ren Wor­ten zu­fol­ge sind die Ge­rä­te al­le kom­plett, in ei­nem erst­klas­si­gen Zu­stand und aus dem Stand her­aus in Gam­bia ein­satz­fä­hig.

Dass sie das auch blei­ben, da­für sor­gen drei ein­hei­mi­sche, in Deutsch­land aus­ge­bil­de­te Me­di­zin­tech­ni­ker. Ei­ner da­von ist Sai­kou Su­w­arch. Der Gam­bi­er fun­giert als Bin­de­glied zwi­schen Ba­den-Würt­tem­berg und Afri­ka. Im Auf­trag ei­ner ei­gens als Ver­ein ge­grün­de­ten Al­li­anz für Ent­wick­lungs­in­itia­ti­ven sorgt er vor Ort da­für, dass die Ge­rä­te dort ein­ge­setzt wer­den, wo sie ge­braucht wer­den, dass sie ge­war­tet wer­den und dass im Be­darfs­fall auch ge­nü­gend Er­satz­tei­le zur Ver­fü­gung ste­hen. Schlie­ß­lich hat sich die Al­li­anz für Ent­wick­lungs­in­itia­ti­ven zum Ziel ge­setzt, nicht nur punk­tu­ell zu hel­fen, son­dern ein nach­hal­ti­ges und sich selbst tra­gen­des Sys­tem me­di­zin­tech­ni­scher Ver­sor­gung in gam­bi­schen Ge­sund­heits­ein­rich­tun­gen auf­zu­bau­en, um da­mit die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne bes­se­re ge­sund­heit­li­che Ver­sor­gung der Be­völ­ke­rung zu schaf­fen.

„Das ist ein klas­si­sches Bei­spiel da­für, wie man Flucht­ur­sa­chen vor Ort be­kämp­fen kann“, sagt Car­la Bre­gen­zer, die vom Jahr 1992 an zwei Le­gis­la­tur­pe­ri­oden lang für die SPD als Ab­ge­ord­ne­te im ba­den-würt­tem­ber­gi­schen Land­tag saß. Im Jahr 2015 war die Son­der­päd­ago­gin trei­ben­de Kraft bei der Grün­dung des Ar­beits­krei­ses In­te­gra­ti­on Fri­cken­hau­sen. Die Eh­ren­amt­li­chen ha­ben es sich zur Auf­ga­be ge­macht, sich um die gam­bi­schen Flücht­lin­ge zu küm­mern, die in dem 9000-Ein­woh­ner-Ort ge­stran­det sind.

An­statt wie ur­sprüng­lich vor­ge­se­hen ei­nen Con­tai­ner zu mie­ten, hat der Ver­ein das Geld zu­sam­men­ge­kratzt und den Über­see-Trans­port­be­häl­ter kur­zer­hand ge­kauft. „Das hat den Vor­teil, dass der Con­tai­ner in Ban­jul nicht in­ner­halb von zwei Ta­gen ent­la­den wer­den muss. Jetzt kön­nen wir den Be­häl­ter dort als Wa­ren­la­ger ste­hen las­sen, bis auch das letz­te Stück dort­hin trans­por­tiert ist, wo es ge­braucht wird“, er­klärt Car­la Bre­gen­zer.