In Gambia fällt Weihnachten in diesem Jahr auf den 28. November. Dieser Eindruck drängt sich dem unbefangenen Beobachter beim Blick in die rappelvolle Alte Kelter von Frickenhausen auf. In dem historischen Gebäude, in dem jahrhundertelang der Täleswein gekeltert wurde, hat der Frickenhausener Arbeitskreis Integration im Lauf der vergangenen Monate fast ein komplettes Krankenhaus zwischengelagert. Das von den Kliniken der Region ausgemusterte medizinische Gerät steht bereit, um in die Krankenhäuser des westafrikanischen Landes transportiert zu werden. Am 28. November soll der Container, der von Bremerhaven aus auf den Weg gebracht wird, im Hafen der gambischen Hauptstadt Banjul gelöscht werden.
Allein sechs Ultraschallgeräte, ein Röntgengerät, 21 Patientenmonitore, ein EKG-Gerät, ein Inkubator für die Versorgung von Frühgeborenen, eine komplette Zahnarztpraxis und eine allgemeinärztliche Praxis warten darauf, in den Krankenhäusern und Ambulanzen von Gambia - das mit einer Fläche von 11 000 Quadratkilometern das kleinste afrikanische Land ist - zum Einsatz zu kommen. „Die Resonanz auf unseren Aufruf ist überwältigend gewesen“, sagt die Vereinsvorsitzende Carla Bregenzer. Vom Stuttgarter Marienhospital über die Tübinger Universitätsklinik bis hin zu den Häusern des Klinikverbunds Südwest und den Mediuskliniken im Kreis Esslingen haben die Krankenhäuser im Land ihre ausgemusterte, aber noch funktionsfähige Ausstattung gespendet. Das Technische Hilfswerk (THW) im Kreis Esslingen kümmert sich um den Transport.
„Das Projekt hat eine gewaltige Sogkraft entwickelt“, sagt Antonia Bäuerle, die gemeinsam mit Carla Bregenzer die Spenden sichtet und als Ärztin ihr medizinisches Fachwissen einbringt. Ihren Worten zufolge sind die Geräte alle komplett, in einem erstklassigen Zustand und aus dem Stand heraus in Gambia einsatzfähig.
Dass sie das auch bleiben, dafür sorgen drei einheimische, in Deutschland ausgebildete Medizintechniker. Einer davon ist Saikou Suwarch. Der Gambier fungiert als Bindeglied zwischen Baden-Württemberg und Afrika. Im Auftrag einer eigens als Verein gegründeten Allianz für Entwicklungsinitiativen sorgt er vor Ort dafür, dass die Geräte dort eingesetzt werden, wo sie gebraucht werden, dass sie gewartet werden und dass im Bedarfsfall auch genügend Ersatzteile zur Verfügung stehen. Schließlich hat sich die Allianz für Entwicklungsinitiativen zum Ziel gesetzt, nicht nur punktuell zu helfen, sondern ein nachhaltiges und sich selbst tragendes System medizintechnischer Versorgung in gambischen Gesundheitseinrichtungen aufzubauen, um damit die Voraussetzungen für eine bessere gesundheitliche Versorgung der Bevölkerung zu schaffen.
„Das ist ein klassisches Beispiel dafür, wie man Fluchtursachen vor Ort bekämpfen kann“, sagt Carla Bregenzer, die vom Jahr 1992 an zwei Legislaturperioden lang für die SPD als Abgeordnete im baden-württembergischen Landtag saß. Im Jahr 2015 war die Sonderpädagogin treibende Kraft bei der Gründung des Arbeitskreises Integration Frickenhausen. Die Ehrenamtlichen haben es sich zur Aufgabe gemacht, sich um die gambischen Flüchtlinge zu kümmern, die in dem 9000-Einwohner-Ort gestrandet sind.
Anstatt wie ursprünglich vorgesehen einen Container zu mieten, hat der Verein das Geld zusammengekratzt und den Übersee-Transportbehälter kurzerhand gekauft. „Das hat den Vorteil, dass der Container in Banjul nicht innerhalb von zwei Tagen entladen werden muss. Jetzt können wir den Behälter dort als Warenlager stehen lassen, bis auch das letzte Stück dorthin transportiert ist, wo es gebraucht wird“, erklärt Carla Bregenzer.