Zwischen Neckar und Alb

Ein Leben ohne Müll ist möglich

Gründer Die Göppinger Betriebswirtin Christine Traub hat mit zwei Mitstreitern den Laden „Ohne“ in Münchens In-Viertel Schwabing eröffnet. Von Marion Brucker

Wiederverwendbare Gläser, waschbare Stoffbeutel und Behälter aus Edelstahl - am besten selbst vom Kunden mitgebracht. Die Laden­
Wiederverwendbare Gläser, waschbare Stoffbeutel und Behälter aus Edelstahl - am besten selbst vom Kunden mitgebracht. Die Laden­besitzer des müllfreien Geschäfts „Ohne“ bieten Biolebensmittel und -produkte konsequent ökologisch an.Fotos: Marion Brucker

Beträte ein Hundertjähriger den 90 Quadratmeter großen Laden, würde er sich wahrscheinlich an die Zeiten erinnert fühlen, als es alltäglich war, Lebensmittel lose einzukaufen. Auf dem Ladentisch stehen große Glasbehälter, aus denen Rosinen, Süßigkeiten und Schokolade verkauft werden, in Obstkisten liegen Obst und Gemüse der Saison. Auf einem Regal stehen leere Weckgläser. Sie dienen dazu, Waren bei „Ohne“ einkaufen zu können, auch wenn sich der Kunde nicht auf den Einkauf vorbereitet hat, erklärt Hannah Sartin. Besser sei es dagegen, einen Einkaufszettel zu schreiben, um zu sehen, welche Behälter zum Transport der Lebensmittel vom Laden nach Hause notwendig sind.

Brot kommt am besten in einen Stoffbeutel, Mehl ins Glas und Käse in eine Edelstahlbox, rät die Mutter zweier Kinder. So wird auf doppelte Weise Müll vermieden - einerseits bei der Verpackung und anderseits bei Lebensmitteln, von denen bislang jährlich pro Kopf 82 Kilogramm in den Müll wandern. „Wer plant und eigene Behälter mitbringt, kauft nur die Menge, die er wirklich braucht“, erklärt Sartin.

Bevor es ans Einkaufen geht, wiegt der Kunde seinen Behälter auf der Selbstbedienungswaage im Laden ab. Mit seinem Stift, der neben der Waage liegt, notiert er auf dem Behälter das Gewicht. Jetzt kann er loslegen. Vorne links im Laden sind aus Glas und Edelstahl Lebensmittelspender an der Wand installiert. Carlo Krauss hat sie selbst entworfen und bewusst auf Plastik verzichtet. Wer einen Holzgriff, der sich am Ende der Spender befindet, nach oben schiebt, kann sich die gewünschte Menge herauslassen. Da gibt es Dinkelflocken, Reis, Linsen, Sojabohnen, Erbsen und Cerealien oder Kürbiskerne. Rechts davon stehen in Gläsern Brotaufstriche und Marmeladen sowie Milch in Flaschen. Im hinteren Teil des Ladens stehen die Non-Food-Produkte wie Seife, Bambuszahnbürsten und Edelstahlstrohhalme. „Wir versuchen, alles anzubieten, was es in einem Supermarkt gibt, und erweitern ständig unser Sortiment“, sagt Traub. Die Bioprodukte werden überwiegend von regionalen Herstellern bezogen, um möglichst kurze Transportwege zu haben.

„Zero Waste“, also null Abfall, in jeder Beziehung, das ist die Devise der Ladenbesitzer. Kundin Claudia Mosavi möchte dieses Konzept unterstützen. Die 56-jährige Ärztin kauft jeden Samstag ihr Brot ein und nimmt auch schon mal Käse mit, der samstags offen über den Ladentisch verkauft wird. Mosavi ist mittlerweile zur Stammkundin geworden. So wie Student Tilman Schmidt-Föhre. Er möchte seinen Teil dazu beitragen, Müll zu vermeiden und sich gleichzeitig gut ernähren. Die beiden sind Sartin zufolge typische Kunden. Vom Single über Familien, Studenten bis zum Rentner seien alle vertreten. Laufkundschaft gebe es dagegen weniger.

Ihr Konzept ging auf. Bereits nach wenigen Monaten war der Laden nicht nur ein Erfolg, sondern sie erhielten für ihre Idee auch den Münchner Gründerpreis 2016. Die Betriebswirtin Christine Traub, die aus Göppingen stammt, sorgt dafür, dass die Bücher stimmen. Außerdem wollen die drei einen weiteren Laden in München eröffnen. Sie suchen seit einiger Zeit nach einer geeigneten Immobilie.

Je mehr Anhänger sie für ihre „Zero Waste“-Idee finden, desto besser für die Zukunft aller, sind die Ladenbesitzer überzeugt. Deshalb haben Sartin und Krauß jüngst das Buch „Wie wir es schaffen, ohne Müll zu leben: Zero Waste als Lifestyle“ geschrieben. Darin schildert das Ehepaar, wie jeder Privatmüll vermeiden kann, geben Tipps zum Wiederverwenden, Reparieren sowie Selbermachen und beleuchten Hintergründe rund ums Recycling. Schließlich wollen sie, dass nicht nur ihre Kinder, sondern auch ihre Enkelkinder Lebensmittel ohne Plastik essen und auf grünen Wiesen spielen können.