Zwischen Neckar und Alb
Ein Tierwirt mit Bienen als Fachrichtung

Leidenschaft Stephan Freier ist einer der wenigen Berufsimker im Landkreis. Der ­Köngener berichtet über seine Bienen und den Honigertrag. Von Kerstin Dannath

Stephan Freier ist Chef eines Vielvölkerstaats. Der Berufsimker aus Köngen ist einer der wenigen seiner Zunft im Landkreis Esslingen, die hauptberuflich von der Imkerei leben. Wie viele Völker der 51-Jährige sein Eigen nennt, weiß er allerdings selbst nicht so genau: „Weit über 100 werden es schon sein.“ Vom Finanzamt wird der 51-Jährige als Tierwirt mit der Fachrichtung Imkerei geführt.

So ein summendes Staatswesen an sich ist natürlich noch viel größer: Mindestens 50 000 Tiere umfasst ein Volk, es können aber auch viel mehr sein. Jedes Volk produziert pro Jahr zwischen 20 und 30 Kilogramm Honig. „2020 war ein gutes Jahr“, sagt Freier mit Blick auf seinen Honigertrag von satten 3,5 Tonnen. Dagegen war das Jahr davor ein kompletter Reinfall: „2019 gab es so gut wie keinen Honig“, bestätigt der gebürtige Oberfranke.

Freier hat es 1987 aus beruflichen Gründen ins Schwabenland verschlagen, damals allerdings nicht als Imker, sondern als gelernter Werkzeugmacher. Nach zahllosen Weiterbildungen war Freier letztlich für die Planung von großen Rechenzentren verantwortlich, bis ihn 2014 ein Burn-out ausbremste. „Ich war ein Workaholic und musste erst einmal runterkommen“, erinnert sich Freier. Wenig später hängte er sein Angestelltenverhältnis an den Nagel und machte sich selbstständig.

Neben der Imkerei hat der Köngener noch weitere Standbeine - an den Bienen hängt aber schon seit seinen Kindertagen sein Herz. „Mein Opa und mein Vater waren Hobbyimker. Und ich hatte schon mit 13 Jahren meine eigenen Völker. Die Bienen entstammten der deutschen Landrasse, das waren aber so richtige Biester“, erzählt Freier. Heute setzt er wie die meis­ten Berufsimker auf sogenannte Buckfastbienen, eine Kreuzung europäischer Bienenarten, die im englischen Kloster Buckfast ab 1916 gezüchtet wurden.

Freier ist davon überzeugt, dass sich die Menschen einiges von den fleißigen Insekten ­abschauen können. „Das ganze Volk arbeitet nur aus einem Grund: Es soll der Gemeinschaft gut gehen. Droht Gefahr, kommt eine Biene und sticht. Diese Biene stirbt dann aber und opfert sich für das Wohl des Volkes.“ Hat eine Arbeiterbiene ihren Lebenszenit überschritten, verlässt sie den Stock alleine und sucht sich draußen ein schönes Plätzchen zum Sterben. In der Gemeinschaft ist alles streng geregelt: Eine Biene - mit Ausnahme der Königin - lebt im Sommer zwischen 35 und 40 Tage. „Die ersten zwei Wochen ist sie eine Putzbiene, sorgt also im Bienenstock für Ordnung. Die folgenden zwei Wochen wird sie zur Ammenbiene und kümmert sich um den Nachwuchs. Dann geht es hinaus. Ein kleiner Teil der älteren Bienen wird zur Wächterbiene, sitzt also am Flugloch und schaut, wer kommt und geht. Der Rest sammelt Blütenpollen“, erklärt der Köngener. Freier züchtet auch Bienenköniginnen. „Wenn ich ein besonders friedliches Volk mit gutem Honigertrag habe, versuche ich hier mit der Zucht anzusetzen.“ Die meisten der neuen Bienenköniginnen benötigt Freier für den Eigenbedarf, einige verkauft er an Imkerkollegen: „Eine gute Königin ist zwischen 300 und 500 Euro wert.“

Und sind die Bienen eigentlich nicht sauer, wenn ihnen Jahr für Jahr der gesamte Honigvorrat abgenommen wird? „Man muss sie nur rechtzeitig im Herbst wieder anfüttern. Ich stelle dazu einen großen Tank mit einem Sirup aus Zuckerrüben, dessen Zuckergehalt dem des Honigs ähnlich ist, in die Nähe der Stöcke. Damit können sie ihre Vorräte rechtzeitig wieder auffüllen“, erklärt Freier. Hochsaison hat ein Imker im Sommer - dann werden es leicht 12 bis 14 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche. Auch im Frühling, Herbst und Winter gibt es einiges zu tun - von der Suche nach neuen Belegstellen, also Orten, wo neue Bienenvölker aufgestellt werden können, bis hin zum Bau von neuen Stöcken. „Reich wird man mit dem Job nicht, aber es langt, um über die Runden zu kommen. Für mich ist es der schönste Beruf der Welt“, sagt Freier.