Zwischen Neckar und Alb

Ein Wendlinger in Bollywood

Der Schauspieler Markus Ertelt spielt in einem indischen Kinofilm mit

Tatort, Polizeiruf 110, Rosenheim Cops, Der Bergdoktor, Forsthaus Falkenau – wer gerne Serien schaut, der hat Markus Ertelt bestimmt schon einmal auf dem Bildschirm gesehen. Im Moment macht der Wendlinger allerdings einen ganz ungewöhnlichen Karriereschritt: Er spielt in einem indischen Bollywood-Kinofilm mit.

Markus Ertelt spielt nicht nur in einem indischen Film mit, sondern ist auch Extremsportler.Foto: privat
Markus Ertelt spielt nicht nur in einem indischen Film mit, sondern ist auch Extremsportler.Foto: privat

Wendlingen. Den Extremsportlern in Wendlingen und Umgebung ist Markus Ertelt ein Begriff. Schließlich hat er sich mit dem Verein „Getting Tough“ einen Namen gemacht, Mitglieder haben den Wettbewerb „Tough Guy“ in England schon sieben Mal hinterei­nander gewonnen. Doch neben der Begeisterung für Sport gab und gibt es für Markus Ertelt immer auch die Begeisterung für die Schauspielerei. So besuchte Ertelt nach dem Abitur die „Akademie für Darstellende Kunst“ in Ulm.

Doch wie kommt man aus „Forsthaus Falkenau“ in einen Bollywood-Film? „Für das Film- und Stuntproduktionsunternehmen Action Concept, die unter anderem für RTL die Serie Alarm für Cobra 11 produzieren, habe ich vor einigen Jahren einen Käfigkämpfer gespielt“, erzählt Markus Ertelt. So kam er in Kontakt mit dem Stuntman und Action-Regisseur Stefan Richter, der in Ludwigsburg aufgewachsen ist. „Als Stefan Richter das Drehbuch für den Film Shivaay auf den Tisch bekam, in dem es die Figur eines russischen Agenten gibt, hat er mich eingeladen und ich wurde gecastet“, erklärt Ertelt, warum es ein deutscher Schauspieler in eine indische Mega-Filmproduktion geschafft hat.

Shivaay ist eine der größten Filmproduktionen, die in Indien in den vergangenen Jahren realisiert wurde. „Man wollte etwas Neues machen, von den Tanz-Romanzen, für die Bollywood-Filme ja bekannt sind, wegkommen. Deswegen wird in unserem Film auch überhaupt nicht getanzt“, sagt Ertelt. Der Film wird von Ajay Devgan produziert und in Indien und Bulgarien gedreht. Der indische Superstar Devgan führt auch Regie und spielt selbst die Hauptfigur des Films, die Gottheit „Shiva“. Das Hinduwort „Shivaay“ bedeutet „Für Shiva“.

Für den 37-jährigen Markus Ertelt waren die Dreharbeiten eine neue und bereichernde Erfahrung. Gedreht wurde an einem viel größeren Set, als Ertelt das von Deutschland gewohnt war. Die 140 angesetzten Drehtage übersteigen bei Weitem die durchschnittlich 24 bis 32 Drehtage eines „Tatorts“. Auch das Budget liegt mit gut 30 Millionen Euro weit höher als bei deutschen Produktionen. Hyderabad, wo zunächst gedreht wurde, sei „der größte Filmpark der Welt“, erzählt Ertelt. Doch viel Zeit, sich die Stadt selbst anzusehen, hatte er nicht. Die Arbeit war ungewohnt. „Die Inder mögen es ein wenig größer. Mehr Emotion. Mehr Drama. In Deutschland spielt man eher zurückhaltend. In Indien ist das fast schon ein wenig wie im Theater. Sie lieben auch Nahaufnahmen und Slow Motion. Manchmal kam ich mir fast schon vor, wie in einem amerikanischen Western, wo ja Regisseure auch extreme Nahaufnahmen gemacht haben“, erklärt er die Unterschiede zwischen deutscher und indischer Produktion. Gedreht wird auf Englisch, für Ertelt kommt noch die Schwierigkeit hinzu, sein Englisch mit einem russischen Akzent zu unterlegen.

Viele spektakuläre Stunts werden in „Shivaay“ zu sehen sein. „Ich war beeindruckt von der Technik, die dabei zum Einsatz kommt. Mein Gesicht wurde für den Film abgescannt, damit es für manche Stuntszenen statt des Gesichtes des Stuntman eingesetzt werden kann“, so Ertelt. Wobei in technischer Hinsicht gilt: Nach Hollywood kommt Bollywood.

Lustige Anekdoten gab es natürlich auch. Beispielsweise die von dem 1,90-Meter-Mann, der sich schwungvoll auf einen Stuhl setzen sollte. „Der Stuhl hielt den Dimensionen des Mannes jedoch nicht stand“, sagt Ertelt. Zwei Stuhlbeine mussten dran glauben. Die wurden nicht etwa auf die Schnelle repariert, nein, zwei indische Mitarbeiter mussten den Stuhl quasi händisch in Position halten, damit die Szene nochmals gedreht werden konnte. Eine etwas unkonventionelle Lösung. Ertelt, der in der Szene mitspielt und direkt auf den Hünen am Stuhl zulaufen musste, hatte Mühe, ernst zu bleiben, denn er sah ja diese beiden Männer hinter dem Stuhl knien – im Film sind sie natürlich herausretuschiert.

Von der Arbeit in einer indischen Produktion wird er profitieren, da ist sich Markus Ertelt sicher. Viele neue Erfahrungen nimmt er mit, die ihm als Schauspieler auch bei deutschen Produktionen nützen werden. Etwas schade findet er, dass es immer noch so etwas wie Schubladendenken bei den für die Besetzung zuständigen Agenturen gibt. Einmal im „Forsthaus Falkenau“, war es schwer, sich wieder aus dem Image des Waldarbeiters zu lösen, den er dort gespielt hat. Er wünscht sich ein wenig mehr Bereitschaft, Schauspielern auch ganz unterschiedliche Charaktere zuzutrauen.

Die Leidenschaft für den Extremsport

Markus Ertelts dritte große Leidenschaft, nach Familie und Schauspielerei, gehört dem Sport: Taekwondo bis zum schwarzen Gürtel, Kickboxen bis zum Trainerschein. Durch einen Schauspielkollegen kam er schließlich zum Extremsport. Seit 2011 ist der Verein „Getting Tough“ in Nürtingen im Vereinsregister eingetragen. Die Mitglieder kommen aus ganz Deutschland und nehmen an Wettkämpfen teil, die sich „Strongman Run“ oder „Tough Guy Race“ nennen. Zwischen zwölf und 40 Kilometer laufen, Hindernisse überwinden, Bäche durchqueren oder durch Tunnel kriechen, gerne auch mal mit einem Holzstamm oder Sandsack, gehören zu den Wettkämpfen. Vorzugsweise finden Rennen auch im Winter statt, damit man schön friert, wenn man in nassen Klamotten den Parcours durchläuft. Den Titel „Tough Guy“, auf Deutsch „harter Junge“, hat man sich danach wahrlich verdient. Um hier vorne dabei zu sein, trainiert Markus Ertelt jeden Tag. „Mindestens sechs Einheiten in der Woche, die jeweils über ein bis zwei Stunden dauern, absolviere ich, auch wenn ich an einem Filmset bin. In Indien bin ich eben viel im Hotel auf dem Laufband gelaufen“, erklärt er. Sein Credo hat er von einem Ausbilder der amerikanischen Militär-Eliteeinheit Seals übernommen: „Wenn man denkt, dass man nicht weiterkommt, hat man erst 30 Prozent seines Potenzials erreicht.“ Ein Leitsatz, vielleicht nicht nur für den Sport. sg