Zwischen Neckar und Alb

„Eine Frau soll gefälligst bei ihrem Mann zu Hause bleiben“

Eifersucht Im Prozess um den Doppelmord in Reudern wird klar: Der Ehemann respektierte seine Frau nicht.

Symbolbild

Nürtingen/Stuttgart. Am dritten Verhandlungstag im Reuderner Doppelmord-Prozess sind zwei ehemalige Arbeitskolleginnen der Getöteten als Zeuginnen vernommen worden. Sie habe die Getötete seit 20 Jahren gekannt, sagte deren ehemalige Chefin vor der Schwurgerichtskammer des Stuttgarter Landgerichts. Sie hätten sich bei einem früheren Arbeitgeber kennengelernt. Es sei ein freundschaftliches Verhältnis gewesen. Später sei die Frau als „gute Seele“ bei ihr angestellt gewesen - als Reinigungskraft.

Sie habe immer wieder über Eheprobleme gesprochen. „Sie hat mir gesagt, dass sie nie eine Wertschätzung als Frau hatte“, sagte die Zeugin. Ihr sei es immer wichtig gewesen, integriert zu sein, die Staatsbürgerschaft anzunehmen. „Ich habe ihr beim Einbürgerungstest geholfen“, sagte die Zeugin. Danach habe sie ganz stolz gesagt: „Jetzt bin ich ein Schwabe.“

Mann hat sie ständig kontrolliert

Aber zu Hause habe sie von ihrem Mann und ihrem Sohn null Wertschätzung erfahren. „Es war ihm ein Dorn im Auge, dass sie bei mir gearbeitet hat, weil ich nicht in sein Frauenbild passte“, gab sie zu Protokoll. Er habe sie kontrolliert, sei sogar bei einem Hotel, in dem sie sauber machte, vorbeigefahren, um zu schauen, was sie da macht.

Einige Wochen vor der Tat sprach die Frau erstmals über Trennungsabsichten, weil ihr Mann sie schlecht behandelte. „Dann schmeiß ihn raus“, habe sie ihr geraten. Sie habe versucht, sie darin zu bestärken und zu unterstützen.

Auch eine andere Arbeitskollegin berichtete von Spannungen in der Ehe. Der Angeklagte sei eifersüchtig darauf gewesen, dass seine Frau viel Zeit mit ihren Töchtern und deren Kindern verbrachte. Außerdem hätten Vater und Sohn sich gegenseitig aufgestachelt. Warum sich seine Mutter so verhalte, habe der Sohn gefragt, eine Frau solle gefälligst bei ihrem Mann zu Hause bleiben.

Von vergleichbaren Äußerungen hatte auch die vorherige Zeugin berichtet. Als die Trennungsabsichten bekannt wurden, soll der Sohn zu seinem Vater gesagt haben, dass er seine Frau nicht gehen lassen könne. „Ein Albaner lässt seine Frau nicht gehen“, soll er gesagt haben.

Am 15. Juli vergangenen Jahres hat der Angeklagte schließlich seine Frau und seinen Schwiegersohn in Reudern erschossen. Wie die Polizei die Ermordeten und den Tatort vorfanden, darüber berichteten ein Beamter der Kriminaltechnik und mehrere Streifenpolizisten, die als Erste vor Ort waren.

Der 53-jährige Mann habe sich von der Polizei widerstandslos festnehmen lassen. Er hatte zuvor selbst den Notruf angerufen - allerdings waren zwei Streifenwagen dort schon vor Ort.

Der Kriminaltechniker schilderte, dass die beiden Opfer direkt am Gartentor erschossen wurden. Ein dritter Schuss durchschlug die Terrassentür und landete schließlich in einem Wohnzimmervorhang. Beim Eintreffen der Polizei lag die Tatwaffe bereits gesichert und entladen auf dem Terrassentisch. Während der Festnahme lieferten sich der Vater und die inzwischen aus der Deckung gekommene zweitälteste Tochter einen Disput. Der Mann habe verwirrt, aber ruhig gewirkt, schilderten die Polizisten.Philip Sandrock