Kohlberg. Da lächelten die Spaziergänger. Wann kommen einem auf einem Waldweg schon mal 73 Ziegen entgegen? Die Ziegenfreunde des Schwäbischen Albvereins der Ortsgruppe Kohlberg/Kappishäusern trieben die Tiere von der abgevesperten „Weide Nr. 4“ am Florian zum Jusi. Mehrmals im Jahr werden die Ziegen umgesiedelt, um an anderen Orten Landschaftspflege zu betreiben und sich die Bäuche vollzuschlagen. „Am Anfang haben wir haben die Ziegen auf einem Anhänger transportiert“, berichtet Stefan Tremmel, Vorsitzender der Albvereins-Ortsgruppe. Doch die Folge seien Gemecker und Verzweiflung gewesen. „Die Tiere wussten einfach nicht, was passiert und wo die anderen jetzt hingebracht werden.“ Da habe er sich ein Herz gefasst, einen Eimer mit Brot gefüllt, den Zaun geöffnet und die Ziegen hinter sich herlaufen lassen. Das funktionierte so gut, dass es seither immer so gemacht wird.
Sowohl Tieren als auch Menschen merkte man die Routine an. Auf den Ruf „Hee Mädla“ kamen die Ziegen angelaufen und formierten sich von selbst zu einem Trail Richtung Jusi. Hier und da wurden leckere Blätter abgerupft, doch niemand blieb zurück oder büxte aus. Die Ziegen folgten den Leittieren. Mit Ausnahme der kleinen Paula, die mit der Flasche großgezogen worden war und sich immer wieder umschaute, ob ihre Menschen auch mitkamen. Den Ziegenzug am Laufen hielten die Jugendlichen des Vereins. „Auf sie ist absolut Verlass“, lobte Stefan Tremmel. Aus Kohlberg, Kappishäusern, Frickenhausen, Metzingen oder Großbettlingen kommen die Ziegenfreunde, die für ein oder mehrere Tiere Patenschaften übernehmen. Von der Futterbeschaffung bis zur Klauenpflege kümmerten sich die Paten um ihre Ziegen. Gibt es mehr Tiere als Interessenten, werden die Tiere an Hobbyhalter verkauft. „Auch hier vergewissern sich unsere Jugendlichen, dass die Ziegen in gute Hände kommen“, ist Stefan Tremmel stolz auf seine junge Begleit-Truppe.
Die Ziegen dienen der Landschaftspflege, indem sie Buschwerk abknabbern und so die Vegetation niedrig halten. „Damit wird die Landschaft offen gehalten und behält ihr typisches Aussehen.“ Das schätzt man auch an höherer Stelle. Die Ziegenfreunde gewannen den Landesnaturschutzpreis. Ministerpräsident Winfried Kretschmann hat bereits seinen Besuch angekündigt. „Er möchte die Oberpatenschaft übernehmen“, sagte Stefan Tremmel. Seit die Ziegen derart geschätzt werden, ist vieles einfacher für ihn geworden. So sind beispielsweise Fördermittel für Traktor, Zaunpfos- ten oder Winterfutter leichter zu bekommen.
Etwa eine Dreiviertelstunde waren die Ziegen unterwegs. „Ziegen sind sehr sozial“, sagte Tremmel, der gerne auch Kindergärten und Schulen alles über Ziegen erklärt. Dann ging es freudig hinein ins frische Grün. Wobei man vorher gebangt hatte, ob Regen anstand. „Ziegen sind äußerst wasserscheu“, sagte Tremmel. „Wenn es regnet, stellen sie sich irgendwo unter und gehen keinen Schritt mehr weiter.“ Gabriele Böhm