Zwischen Neckar und Alb

Entspanntes Bad in der Menge

Badehaus Besucher des Esslinger Mittelaltermarkts dürfen im Zuber schwitzen. Das Angebot ist mittlerweile überaus beliebt: Fast alle Termine sind bereits ausgebucht. Von Pia Hemme

Corryn Zimmerman, Jens Garzarezk, Galen Harris und Melissa Conliy (von links) sind Stammgäste im Badehaus.Foto: Roberto Bulgrin
Corryn Zimmerman, Jens Garzarezk, Galen Harris und Melissa Conliy (von links) sind Stammgäste im Badehaus.Foto: Roberto Bulgrin

Kann man da drin baden? Ist das denn hygienisch? Nicht selten blickt Marita Wolff, die sich historische Baderin nennt, in fragende Gesichter. Seit elf Jahren betreibt sie das Badehaus auf dem Esslinger Mittelaltermarkt. Unbekleidete Menschen in einem großen, dampfenden Holzzuber sind für viele Besucher trotzdem noch immer ein ungewöhnlicher Anblick. Auch wenn es immer mehr Leute in das historische Badehaus zieht, für die meisten Besucher des Mittelaltermarktes bleibt der Badezuber ein Geheimnis.

Wer in der dampfenden Holzwanne sitzt, der nimmt wortwörtlich ein „Bad in der Menge“. Das Badehaus steht nämlich auf einem Anhänger inmitten des Hafenmarktes. Auch wenn das mittelalterliche Badehaus authentisch aussieht, ist es viel komfortabler als zur damaligen Zeit: Neben angenehmen 37 Grad Celsius Wassertemperatur, dürfen sich die Gäste Badezusatz wie Eukalyptus und Melisse wünschen. Auch Öl für gegenseitige Massagen stellt die Baderin Marita Wolff zur Verfügung. Wer möchte, darf in der Holzwanne auch einen Sekt oder andere Getränke zu sich nehmen.

Im Gegensatz zum Badehaus im Mittelalter wird die Hygiene bei der Baderin Marita Wolff groß geschrieben: Nach jedem Badegang wird das Wasser abgelassen und die beiden Zuber gründlich geschrubbt. Außerdem müssen sich die Gäste vor dem Badegang abduschen. Dafür gibt es hinter den Kulissen eine Dusche. Die Umkleide ist sehr geräumig. Ein Gasofen sorgt für angenehme Temperaturen beim An- und Ausziehen. Man muss übrigens nicht vollkommen unbekleidet in den Zuber steigen. Badehose, Badeanzug oder Bikini sind auch erlaubt.

Das Wasser wird durch einen leistungsstarken Durchlauferhitzer erwärmt. Die Gäste können jederzeit über einen Wasserhahn heißes Wasser nachfüllen. Vorbeikommen ohne Anmeldung ist allerdings nicht möglich. In den größeren der beiden Holzzuber passen bis zu 2 500 Liter. Bis dieser vollgelaufen ist, vergehen bis zu zwei Stunden. Daher muss alles genau geplant werden. Seit 16 Jahren hat Marita Wolff Erfahrung mit dem Betreiben von historischen Badehäusern. Ihr erstes Bad im Zuber machte sie auf einem Mittelaltermarkt auf Burg Herzberg bei Alsfeld in Hessen. Sie war begeistert, dennoch gingen ihr dabei viele Dinge durch den Kopf: „Ich dachte mir, wenn es noch eine Dusche gäbe und eine Massage, dann wäre es noch schöner.“

Termine sind heiß begehrt

Die Idee wollte sie schnell verwirklichen. Und sie hatte Glück: Sie erfuhr über einen Bekannten, dass eine Baderin ihren Zuber samt Hütten und Anhänger nicht mehr brauchte - und hat dann zugeschlagen. Auf dem Esslinger Mittelaltermarkt ging es die ersten paar Jahre zunächst schleppend voran. Doch dann sprach sich das „Zubererlebnis“ immer weiter herum. Heute ist das Badehaus so beliebt, dass innerhalb von 24 Stunden nach Start des Anmeldezeitraumes fast alle Termine ausgebucht sind.

Corryn Zimmerman und ihre Freunde haben noch einen ergattert. Schon im Oktober mussten sie sich dafür anmelden. Bereits das dritte Jahr in Folge besucht die gebürtige Amerikanerin das Badehaus auf dem Hafenmarkt. „Als ich den Zuber das erste Mal hier gesehen habe, wollte ich es unbedingt ausprobieren“, erzählt sie. Seitdem ist die 41-Jährige total begeistert. „Es ist der beste Weg, den Mittelaltermarkt zu betrachten. Während die Besucher draußen frieren, habe ich es schön warm.“

Corryn Zimmerman hat inzwischen ihre Freunde mit dem „Zuberfieber“ angesteckt. Auch ihr Freund Jens Garzarezk genießt das Bad in der Menge. „Hier kann man mal zwei Stunden lang in heißem Wasser entspannen, ein paar Bier trinken und dabei das Getümmel auf dem Mittelaltermarkt beobachten.“ Auch Galen Harris genießt die Aussicht. „Man sieht den Mittelaltermarkt aus einem anderen Blickwinkel. Es ist einfach mal was anderes als am Glühweinstand zu stehen.“