Zwischen Neckar und Alb

Erneute Polizeireform trifft Präsidium

Umstrukturierung Das Reutlinger Polizeipräsidium wächst um einen weiteren Landkreis und ist dann das größte in ganz Baden-Württemberg, wenn man nach der Einwohnerzahl geht. Von Julia Theermann

Der Verantwortungsbereich des Polizeipräsidiums Reutlingen, das auch für den Kreis Esslingen zuständig ist, wächst von 2188 auf
Der Verantwortungsbereich des Polizeipräsidiums Reutlingen, das auch für den Kreis Esslingen zuständig ist, wächst von 2188 auf 3106 Quadratkilometer. Symbolfoto: Carsten Riedl

Nur fünf Jahre nach der bisher größten Polizeireform in Baden-Württemberg wird sich die Polizei im Land wieder verändern. Das Polizeipräsidiums (PP) Reutlingen, das auch für Esslingen zuständig ist, wächst durch die Angliederung des Zollernalbkreises. Sein Zuständigkeitsbereich vergrößert sich dadurch von 2188 auf 3106 Quadratkilometer. Mit 1,23 Millionen Einwohnern im Zuständigkeitsgebiet wird das PP Reutlingen das größte Polizeipräsidium im Land.

Um diese Vergrößerung zu stemmen, wird intern umstrukturiert. Davon ist unter anderem der Verkehrsdienst betroffen, der in Esslingen sitzt. Dieser wurde bisher zu jedem Unfall gerufen, bei dem es Schwerverletzte oder Tote gab. Oftmals habe es aber sehr lange gedauert, bis die Spezialisten vor Ort gewesen seien, was Straßensperrungen verlängert und Unfallopfer und Hilfskräfte Zeit gekostet habe. „Wir haben festgestellt, dass die allermeis­ten Unfälle sehr einfach gelagerte Ursachen haben“, sagte Polizeidirektor Andreas Stolz. Er leitet die neue Schutzpolizeidirektion, unter die die Verkehrspolizeiinspektion mit ihren Außenstellen subsummiert wird. „Wenn es einen Unfall gibt, bei dem die Ursache recht klar ersichtlich ist - ganz abgesehen von der Schwere der Unfallfolgen - kann auch ein Generalist, also ein Streifenpolizist, die Unfallaufnahme machen. Die Kollegen aus den Polizeirevieren sind einfach viel schneller an der Unfallstelle.“ Spezialisten werde es natürlich auch in Zukunft noch gegen, so Stolz. „Die muss es auch geben. Wenn der Generalist an der Unfallstelle mit der Komplexität des Unfalls überfordert ist, soll er die Spezialisten der Verkehrspolizeidirektion anrufen.“

Aufgrund der Standorte in Esslingen und Tübingen sowie der neuen Außenstelle in Balingen sei gewährleis­tet, dass die 117 Spezialisten nicht mehr als 45 Minuten zur Unfallstelle brauchen. Die Verkehrspolizeidirektion soll künftig ihre Priorität auf die Aufnahme von komplexen Unfällen legen. Aber durch die Verlagerung der Aufgaben soll für den Einsatz von zivilen Videofahrzeugen oder die Überwachung des Schwerverkehrs - Tätigkeiten, die eine spezielle Ausbildung voraussetzen - mehr Zeit bleiben.

Auch im Aufbau der Kriminalpolizei ändert sich etwas. „Die ist mit ihrem Sitz in Esslingen nicht gerade zentral gelegen. Also müssen wir organisatorisch einiges aufwenden, wenn der Zuständigkeitsbereich sich erweitert“, erklärte Polizeivizepräsident Reinhard Nething, der künftig die Kriminalpolizeidirektion leitet. In Esslingen werden weiterhin die zentrale Bearbeitung von Fällen der Kinderpornografie stattfinden. Allerdings „versüdlicht“ sich die Kriminalpolizei durch einen neuen Standort in Balingen. „Wir haben bisher gesagt, 50 Prozent der kriminalpolizeilichen Arbeit fällt im Norden an - also in Esslingen - der Rest im Süden“, so Polizeipräsident Alexander Pick. „Jetzt passieren nur noch 40 Prozent der Arbeit in Esslingen.“

Filderstadt verliert im Zuge des Umbruchs die Ermittlungsgruppe für Eigentumsdelikte, die dort 2015 aus Kräften aus Tübingen und Nürtingen unter einem Dach gebündelt wurde. Diese Einbruchs-Experten ziehen jetzt nach Tübingen. Auch der Kriminaldauerdienst, der sich zum Beispiel um Suizide kümmert, zieht um - von Nürtingen nach Reutlingen.

Insgesamt, findet Polizeipräsident Pick, „dass unser Schiff zum Stapellauf am 1. Januar gerüstet ist“. Für den Neuanfang hat das Polizeipräsidium ein neues Verbandsabzeichen entwerfen lassen, um die Aufnahme des vierten Landkreises zu symbolisieren. Auf „polizeiblauem“ Grund finden sich der stilisierte Albtrauf und eine Burg. „Damit bringen wir symbolisch alles unter einen Hut“, so Pick.

Strukturveränderungen

Polizeipräsidien: Der Ministerrat des Landes hat beschlossen, dass es im Land künftig 13 Polizeipräsidien geben soll. Bisher waren es zwölf. Da zwei neue gegründet werden - in Pforzheim und Ravensburg - , muss ein Polizeipräsidium aufgelöst werden: das in Tuttlingen. Darum ändert sich unter anderem der Zuständigkeitsbereich des PP Reutlingen.

Schutzpolizeidirektion: Aus der Direktion der verschiedenen Polizeireviere und der Verkehrspolizei entsteht die Schutzpolizeidirektion Reutlingen. Darunter sind auch die Abschiebegruppe und die Polizeihundeführerstaffel gefasst.

Kriminalpolizeidirektion Esslingen: Zusätzlich zu den Kriminalkommissariaten in Reutlingen und Tübingen entsteht ein neues in Balingen. Dort wird auch eine siebenköpfige Rauschgiftermittlungsgruppe eingerichtet. jt