Zwischen Neckar und Alb

Erst kratzen, dann fahren

Verkehr Der Unfall auf dem Esslinger Zollberg hat gezeigt, wie wichtig freie Sicht im Auto ist. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nun gegen den 18-jährigen Fahrer. Wer nicht kratzt, riskiert ein Bußgeld. Von Amelie Pyta

Ein Guckloch genügt nicht. Wer in sein Auto einsteigt, muss es zuvor von Eis und Schnee befreien. Foto: Jörg Bächle
Ein Guckloch genügt nicht. Wer in sein Auto einsteigt, muss es zuvor von Eis und Schnee befreien. Foto: Jörg Bächle

Wenn die Temperaturen fallen, wird das Eiskratzen für die Autofahrer zur täglichen Pflicht. Wie wichtig das mühselige Enteisen ist, hat ein Unfall am Dienstag deutlich gemacht. Ein 18-Jähriger hat auf dem Zollberg eine Schülergruppe angefahren. Sechs Schüler zogen sich leichte Verletzungen zu, ein zwölfjähriges Mädchen wurde schwer verletzt. Sie befindet sich laut Polizei noch immer im Krankenhaus, wo es operiert wurde.

Der Fahranfänger hatte nur ein kleines Loch in der Windschutzscheibe freigelegt. Deshalb übersah der junge Mann, als er in die Zollbergstraße einbog, nicht nur eine rote Ampel, sondern auch die Schülergruppe. Laut Michael Schaal, Sprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen, hätte die Sache deutlich schlimmer ausgehen können. „Wir können von Glück sagen, dass der Fahrer nicht ein größeres Auto gefahren ist“, sagt der Beamte. Umso wichtiger ist es für ihn, die Autofahrer für das Thema Eiskratzen zu sensibilisieren. „Jeder Einzelne, der seine Scheibe nicht von Eis und Schnee befreit, ist einer zu viel“, so Schaal. Doch welche Konsequenzen drohen dem Unfallverursacher? Sind die Scheiben nicht frei, handelt es sich normalerweise nur um eine Ordnungswidrigkeit. In diesem Fall könnte jedoch eine fahrlässige Körperverletzung vorliegen. Die Staatsanwaltschaft Stutt- gart ermittelt nun. Da sich der Fahrer noch in der Probezeit befindet, wurde die Angelegenheit auch an die Führerscheinstelle weitergeleitet. Die prüft, ob die Probezeit verlängert oder der Führerschein komplett entzogen wird. Genaue Zahlen, wie oft Unfälle wegen blinder Scheiben passieren, gibt es nicht. „Es passieren immer mal wieder kleinere Unfälle. Große Unfälle, wie der auf dem Zollberg, bilden die Ausnahme“, erklärt Polizeisprecher Michael Schaal. Spezielle Kontrollen macht die Polizei nicht. „Wenn wir auf Streife sind und ein Auto entdecken, bei dem das Eis nicht vollständig entfernt wurde, halten wir das Fahrzeug selbstverständlich an“, sagt Schaal. Der betroffene Fahrer muss dann sein Auto freikratzen. Da es sich um eine Ordnungswidrigkeit handelt, muss der Fahrer mit einem Bußgeld von zehn Euro rechnen. Michael Schaal appelliert an die Vernunft jedes Autofahrers. „Es reicht nicht, ein Guckloch freizumachen, sondern das gesamte Fahrzeug muss von Schnee und Eis frei sein“, so der Polizeisprecher.

Laut ADAC müssen der Blinker, Rücklichter, Scheinwerfer, Kennzeichen, Motorhaube und das Dach frei von Eis und Schnee sein. Außerdem ist es wichtig, heißt es in einer Pressemitteilung, beim Kratzen nicht zu viel Druck auszuüben. Für eine gute Sicht ist es nötig, genügend Frostschutzmittel in der Scheibenwischanlage zu haben. Gefährlich wird es, wenn die Scheiben mit heißem Wasser enteist werden. Sie könnten Risse bekommen. Den Motor laufen zu lassen, ist verboten und wird mit einem Bußgeld geahndet.