Zwischen Neckar und Alb
Esslinger Weihnachtsmarkt: Erst aufbauen, dann gleich wieder abbauen

Corona Bei den Beschickern des Weihnachtsmarkts in Esslingen herrscht Frust. Die Absage kam für sie deutlich zu spät.

Esslingen. Adventsflair und ein Stück Optimismus in schweren Coronazeiten hätte der Esslinger Weihnachtsmarkt verbreiten sollen. Doch nach der kurzfristigen Absage der Stadt versprüht die bereits aufgebaute Budenstadt einen Hauch von Untergangsstimmung. Das Eingangstor auf dem Marktplatz steht noch, doch die Händler sind am Dienstag bereits beim Abbauen und Einpacken. Kartons werden mit Waren gefüllt, die Dachdeko der Stände entfernt. Doch die Stimmung ist besser als erwartet. Zwar nennen viele Händler die Lage enttäuschend und bedrückend, doch viele haben Verständnis für die Absage.

Gewisses Verständnis herrscht

Mirco Wilde etwa meint: „Stellen Sie sich vor, ein Haus brennt. Im Innern sind eine Person und ein Lottoschein mit einem Sechser – wer wird gerettet?“ Der Millionengewinn könne zwar das Ende von Existenzängsten bedeuten, aber „mit einer verbrannten Leiche auf dem Kerbholz könnte das niemand genießen.“ Daher sei die Absage des Weihnachtsmarktes richtig. „Bei den derzeitigen Krankenzahlen wäre eine Abhaltung unverantwortlich.“

Seine Kollegen ein paar Meter weiter packen gerade ihre Seifen und anderen Kosmetikartikel zusammen. Schuld an der Lage seien nicht die Impfgegner, sondern die schlechte Lage des Gesundheitswesens. Durch Einsparungen mangele es an Personal. Die Absage des Weihnachtsmarktes aber können sie nur bedauern: „An der frischen Luft und mit Eingangskontrollen wäre die Infektionsgefahr geringer gewesen als im Supermarkt.“

Standbetreiber Andreas Adam gleich gegenüber beklagt dass er durch die späte Absage auf den Kosten für Stand, Aufbau, Anfahrt, Unterkunft und Wareneinkauf sitzen bleibe. Wenigstens eine Probephase von ein paar Tagen hätte es doch geben können, meint seine Kollegin. Dann wäre wenigstens ein Teil der Kosten wieder hereingekommen.

Auch Joachim Kritz hätte gerne seinen Glühwein ausgeschenkt. Doch er beklagt nicht nur den wirtschaftlichen Schaden: „Mir tun vor allem die Esslinger leid, die nun schon zum zweiten Mal auf ihren Weihnachtsmarkt verzichten müssen.“ Gedrückte Stimmung herrscht am Stand ein paar Reihen weiter hinten. Schuld sei die Landesregierung, die noch vor Kurzem eine Absage der Weihnachtsmärkte weit von sich gewiesen habe. Eine klare Linie wäre hier besser gewesen, sagen die Standbetreiber. Der Verkäufer von Gesellschaftsspielen an einem Stand in der Nähe versucht, die Situation gelassen zu nehmen. Jetzt baue er ab, fahre wieder heim nach Thüringen, und dann werde er sich Gedanken über die Zukunft machen: „Ändern kann man sowieso nichts.“ Simone Weiß