Zwischen Neckar und Alb

Fairtrade als Führungsstil

Marianne Erdrich-Sommer verlässt nach acht Jahren als Schulleiterin die Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule

Führungswechsel in der Jakob-Friedrich-Schöllkopf-Schule: Nach acht Jahren an der Spitze des beruflichen Bildungszentrums in Kirchheim geht Marianne Erdrich-Sommer in den Ruhestand. Mit Ulrike Hauke-Kubel übernimmt eine Frau aus den eigenen Reihen die Leitung der kreiseigenen kaufmännischen Schule.

Weltoffen und im Herzen Grün: Marianne-Erdrich Sommer  (Mitte, rechts) neben ihrer Nachfolgerin Ulrike Hauke-Kubel und eingerahm
Weltoffen und im Herzen Grün: Marianne-Erdrich Sommer (Mitte, rechts) neben ihrer Nachfolgerin Ulrike Hauke-Kubel und eingerahmt von Claudia Rugart vom Stuttgarter Regierungspräsidium und Landrat Heinz Eininger.Foto: Jean-Luc Jacques

Kirchheim. Hoimar von Ditfurth hätte sich wohl genüsslich das bärtige Kinn gekrault. Der Wissenschaftler, Buchautor und Grünen-Vordenker stand vermutlich Pate bei der Wahl des Präsents, mit dem die SMV-Vertreter ihre Schulleiterin nach acht Jahren in den Ruhestand schickten. Ein Apfelbäumchen für eine ehemals grüne Landespolitikerin – so viel Symbolik musste sein. Keine althergebrachte Sorte, sondern eine populäre Neuzüchtung – auch das konnte, wer wollte, als Zeichen verstehen.

Grüne Politik und Wirtschaftskompetenz, für viele konservative Politiker geht das bis heute nicht zusammen. Eine ehemalige Landtagsabgeordnete der heutigen Regierungspartei an der Spitze einer kaufmännischen Schule mit Wirtschaftsgymnasium, auch das dürfte vor acht Jahren manch einem ein Stachel im Fleisch gewesen sein. Marianne Erd­rich-Sommer hat dies wenig geschert. Als erste Frau an der Spitze eines beruflichen Schulzentrums im Kreis Esslingen war sie die Vorreiterinnenrolle gewohnt. Als Abteilungsleiterin an verschiedenen Berufsschulen im Kreis hat sie zudem ein breites fachliches Spektrum besetzt. Nicht zuletzt als Politikerin gelernt, wie man sich und seinen Überzeugungen treu bleibt. Vor allem jener, wonach ökonomische Lehre, soziale Verantwortung und ein ökologisches Bewusstsein keinen Widerspruch bedeuten müssen. Nicht im politischen, erst recht nicht im Schulalltag.

Aus Trade wurde Fairtrade. Ein Titel, mit dem sich die Schöllkopf-Schule und ihre hauseigene Juniorfirma seit Kurzem schmücken darf. Eine Auszeichnung, die an der kaufmännischen Schule aber auch für faires Miteinander und Weltoffenheit steht. In Schulpartnerschaften mit Schweden, Spanien und Israel, aber auch in Angeboten wie der Jabulani-AG, einem Sozialprojekt zugunsten einer kleinen Gemeinde aus der ärmsten Region Südafrikas. Akzente setzte die Schule unter Erd­rich-Sommers Leitung auch beim Ausbau der ersten von inzwischen zwölf Vorbereitungsklassen im Kreis, in denen Flüchtlinge fit für den Schulbetrieb gemacht werden.

Dass wenig geblieben ist von früheren Ressentiments, bewies die lange Gästeliste bei der Abschiedsfeier am Dienstag in der Schul-Aula. „Eine Werbung für die Schule“, wie Claudia Rugart feststellte. Die Abteilungschefin im Stuttgarter Regierungspräsidium hatte nicht nur die Entlassungs-Urkunde im Gepäck, sondern auch einen persönlichen Brief des Ministerpräsidenten Winfried Kretsch­mann an seine Parteikollegin und langjährige Wegbegleiterin.

Auch Landrat Heinz Eininger stellte der Schulleiterin, die seit 25 Jahren Fraktionschefin der Grünen im Esslinger Kreistag ist, ein glänzendes Zeugnis aus. Die Schule sei hervorragend vernetzt und leiste einen wertvollen Beitrag zur Sicherung des Bildungs- und Wirtschaftsstandortes. Eininger brach als politisch Verantwortlicher für neun berufliche Einrichtungen mit 12 000 Schülern im Kreis eine Lanze für das duale Bildungssystem. Dem schloss sich auch Kirchheims Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker an, die mit dazu beitrug, dass die Abschiedsfeier am Wirtschaftsgymnasium zu einer Art Ehemaligen-Treffen geriet. Die Rathauschefin hat ebenso wie die scheidende Schulleiterin samt Nachfolgerin ihr Abitur am beruflichen Gymnasium erworben. Ulrike Hauke-Kubel, die seit Dienstag als neue Schulleiterin im Amt ist, rückt aus den eigenen Reihen ins vorderste Glied. Seit 2008 war die 57-jährige Studien-Direktorin als Abteilungsleiterin unter anderem für das zweijährige Berufskolleg verantwortlich.

Marianne Erdrich-Sommer wird sich nun ganz auf ihr neues Leben in „vollständiger Freiheit“ konzentrieren, wie sie am Ende einer langen Reihe aus Grußworten und Programmbeiträgen betonte. Der Politik wird sie als Kreisrätin erhalten bleiben. Ihren Schülerinnen und Schülern ebenso, wenngleich nur in bewegten Bildern. Per Video-Botschaft zeichneten sie ihrer Schulleiterin einen besonderen Abschiedsgruß auf den Schulhof: Ein Herz aus vielen Gesichtern.