Zwischen Neckar und Alb

Freiraum für die großen Fragen

In der Klosterkirche Denkendorf werden 23 Lehrer für evangelische Religion beauftragt

Zu den 700 staatlichen Lehrern im Kreis mit der kirchlichen Beauftragung für den evangelischen Religionsunterricht, sind 23 junge Lehrkräfte hinzugekommen.

Die neuen Religionslehrer freuen sich auf ihre künftige Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.Foto: Peter Dietrich
Die neuen Religionslehrer freuen sich auf ihre künftige Arbeit mit Kindern und Jugendlichen.Foto: Peter Dietrich

Denkendorf. Beim Gottesdienst in der Denkendorfer Klosterkirche war viel Vorfreude zu spüren: Freude auf die Fragen der Kinder, auf die Diskussionen besonders in den höheren Klassen und darauf, Kindern und Jugendlichen Orientierung zu geben. Bei ihrer persönlichen Vorstellung erläuterten die 19 staatlichen Lehrerinnen und vier Lehrer ihre Motivation zum Theologiestudium an der Universität oder der Pädagogischen Hochschule: Sie wollen Kindern etwas mitgeben, was sie in keinem anderen Fach mitbekommen, sie schätzen den Freiraum, in dem Schüler mit ihren Lebensfragen vorkommen, die wollen die Schüler ganzheitlich wahrnehmen und ihnen vom Wirken Jesu erzählen. Eine Lehrerin an der Förderschule sagte, sie wolle den Schülern vermitteln, dass sie von Gott geliebt sind, mit allen ihren Stärken und Schwächen. Ein Lehrer wurde von der Erinnerung an die eigene Schulzeit angetrieben: „Ich hatte eine Religionslehrerin, die gut erzählen konnte.“

„Religion ist das Fach, das den Schülern den Raum lässt, die großen Fragen zu stellen“, sagte eine Lehrerin, eine andere will besonders mit Kindern mit wenigen Vorkenntnissen die Grundlagen des Glaubens entdecken. Eine Lehrerin berichtete von der großen Offenheit muslimischer Schülerinnen, die den evangelischen Religionsunterricht besuchen, eine andere freute sich über den erfreuten Schülerausruf: „Au ja, wir haben heute wieder Reli.“ Die allergrößte religiöse Vielfalt wartet auf die Lehrerin, die in diesem Monat mit dem Religionsunterricht in einer Vorbereitungsklasse für Asylbewerber beginnt.

Wie wichtig die Lehrkräfte ihre Beauftragung nehmen, zeigte ihre vielfältige Beteiligung am Gottesdienst, von den Fürbitten bis zum Liedvortrag. Die Feier wurde von Dorothee Moser, Schuldekanin in den Kirchenbezirken Kirchheim und Nürtingen, und Heiner Köble, Schuldekan in den Kirchenbezirken Esslingen und Bernhausen, geleitet. Moser nannte die Lehrkräfte „einen großen Schatz“. Sie seien diejenigen, mit denen die Schüler religiöse Fragen diskutieren könnten. Mit der Stellung als „ordentliches Lehrfach“ mache der Staat den hohen Stellenwert des Faches Religion deutlich.

Köble ging in seiner Predigt auf die Geschichte des zwölfjährigen Jesus im Tempel ein, die der Evangelist Lukas berichtet. Es war keine Familienidylle, tagelang hatten Jesu Eltern nach ihm gesucht, bis sie ihn endlich im Jerusalemer Tempel bei der Diskussion mit den Schriftgelehrten entdeckten. Er müsse bei seinem Vater sein, antwortete ihnen Jesus. „Wie sollen dies Kinder verstehen, dass ein Mensch zwei Identitäten hat, Josef als Vater und Gott als Vater, beides gleichzeitig?“, fragte Köble. Jesus werfe seinen Eltern vor, ihn nicht richtig zu verstehen, sagte Köble und schlug damit den Bogen zur Gegenwart. „Reli“ biete Freiraum zum Argumentieren, Diskutieren, Streiten. Köble erinnerte sich auch an einen Religionslehrer, den er selbst als Gymnasiast erlebt hat: „Er zeigte uns, hinter die Dinge zu schauen. Das war für mein Leben wichtig.“pm