Plochingen. Mit Jubelrufen unterbrachen Angehörige und Freunde der Angeklagten am Montag die Urteilsverkündung des Stuttgarter Landgerichts. Zwei der drei Männer, die sich wegen einer blutigen Auseinandersetzung in Plochingen verantworten mussten, ein 30-Jähriger und ein 27-Jähriger, wurden vom Vorwurf des gemeinschaftlich versuchten Totschlags freigesprochen. Der Zwillingsbruder des 30-Jährigen wurde wegen gefährlicher Körperverletzung zu vier Jahren Haft verurteilt.
Das Interesse am Urteil war freilich groß. Kein Platz war mehr frei bei diesem letzten Prozess im sogenannten „Team Red“-Komplex. Zunächst hatten die Ermittlungen einen Bezug zu der 2013 verbotenen Gang Red Legion beziehungsweise einer Nachfolgeorganisation vermuten lassen. In der Verhandlung bestätigte sich dies jedoch nicht.
Nachdem der Besitzer eines Friseurladens in der Plochinger Bahnhofstraße vor seinem Geschäft niedergestochen worden war, sollen sich die drei Angeklagten mit drei weiteren Personen aufgemacht haben, um die Angreifer zu stellen. Vier Verfolger, darunter die angeklagten Zwillinge, hätten einen der Angreifer in Richtung Esslinger Straße verfolgt. Das belegen Zeugenaussagen sowie die Bewegungsdaten aus den Smartphones der Zwillinge. Es sei aber nicht zu beweisen, dass der 27-Jährige am Tatort war. Einer der Zwillinge hatte angegeben, an der Spitze der Verfolgergruppe gewesen zu sein. Er brachte den Flüchtenden, einen damals 21-Jährigen, zu Fall. Danach soll er zweimal mit Schwung gegen dessen Kopf getreten haben, wodurch das Opfer einen Jochbeinbruch erlitt. Ein anderer aus der Verfolgergruppe habe dann auf den am Boden Liegenden eingestochen, ein weiterer mit einer Pistole auf das Bein geschossen. Der Mann erlitt einen Durchschuss des Oberschenkels.
Zur Urteilsbegründung führte der Vorsitzende Richter aus, dass es zwar wahrscheinlich sei, dass beide Zwillinge am Tatort gewesen seien - aber nicht beweisbar. Ähnlich verhalte es sich mit dem 27-Jährigen. „Sie sind um Haaresbreite einer Verurteilung entkommen“, wandte er sich an die beiden. Sie erhalten eine Entschädigung für die Untersuchungshaft. Die Beteiligten können innerhalb einer Woche Revision einlegen.