Nürtingen. Es sind schwere Geschütze, die der Deutsche Mieterbund gegen die Stadt Nürtingen da in Stellung bringt. Nach Einschätzung von Udo Casper, dem Vorsitzenden des in Esslingen ansässigen Vereins, hätte das Brandunglück, das in der Nacht auf den 2. November zwei Todesopfer gefordert hat, womöglich verhindert werden können (wir berichteten). Der Nürtinger Oberbürgermeister Johannes Fridrich setzt sich jetzt in einem offenen Brief zur Wehr.
Der Mieterbund hatte sich auf angeblich schon vor dem Brand bekannt gewordene Hinweise bezogen, wonach die Sicherheit der Bewohner in dem Gebäude in der Schafstraße 2 gefährdet gewesen sei. „Es ist unverständlich, warum die Stadt Nürtingen aufgrund des Bauordnungs-, Gesundheits- und allgemeinen Sicherheitsrechts nicht tätig wurde, um Gefahren für die Gesundheit und Sicherheit der Bewohner abzuwenden“, erklärt Casper. Er nimmt in dem Schreiben an den Oberbürgermeister zudem Bezug auf Berichte, wonach es in Nürtingen weitere Objekte geben soll, die wie die Wohnungen in der Schafstraße zu überteuerten Mietpreisen an die Bezieher von Transferleistungen vermietet werden.
Im Namen der Stadt Nürtingen weist die Bürgermeisterin Annette Bürkner die Vorwürfe des Mieterbundes entschieden zurück. Dem Hinweis, dass sich auffällig viele Personen in dem Haus aufhalten würden, sei das Bauverwaltungsamt im vergangenen Jahr nachgegangen. Gesetzliche Vorgaben zur Belegung in privaten Wohnräumen gebe es nicht, sodass hier ein rechtliches Einschreiten der Stadt nicht möglich gewesen sei.
In seinem offenen Brief an den Mieterbund zeigt sich Nürtingens Oberbürgermeister Fridrich verwundert, dass Casper seine Beobachtungen nicht schon vor dem Brand bei ihm angezeigt hatte. „Ich würde nicht auf die Idee kommen, Ihnen für dieses Unterlassen eine Mitschuld für den Brand zukommen zu lassen“, schreibt Fridrich. Die auf Grundlage des „Hörensagens“ erhobenen Vorwürfe bezeichnet der Oberbürgermeister als „unseriös, juristisch problematisch und ein Stück weit populistisch“, legten sie doch eine fahrlässige Tötung nahe. „Ich kann Ihnen daher nur empfehlen, diese in keiner Weise mit Tatsachen unterlegten Vorwürfe künftig zu unterlassen“, so Fridrich.
Die Polizei will die Vorwürfe des Mietervereins unter Hinweis auf laufende Ermittlungen nicht kommentieren. Allerdings gilt die Größe der Ermittlungsgruppe - insgesamt sind 19 Beamte im Einsatz - als Indiz dafür, dass nicht nur nach der Brandursache geforscht wird. „Natürlich ist der Zustand und die Belegung des Hauses auch Gegenstand der Ermittlungen“, bestätigt ein Sprecher des Polizeipräsidiums Reutlingen .Thomas Schorradt