Zwischen Neckar und Alb

Für die neue Heimat entschieden

Neubürger Der Landkreis Esslingen gratuliert neu Eingebürgerten mit einer Feier: Sie sind jetzt Deutsche mit allen Rechten und Pflichten. Von Karin Ait Atmane

Landrat Heinz Eininger gratuliert Urim Zejnulahi (vorne) und seinem Vater Maliq Zejnulahi.Foto: Karin Ait Atmane
Landrat Heinz Eininger gratuliert Urim Zejnulahi (vorne) und seinem Vater Maliq Zejnulahi.Foto: Karin Ait Atmane

Im vergangen Jahr wurden 1 028 Menschen im Kreis Esslingen eingebürgert. Nur ein kleiner Teil von ihnen kam zur offiziellen Feier im Landratsamt am Freitag, aber für sie war es ein festlicher Moment, bis hin zum gemeinsamen Singen der Nationalhymne, wobei die meisten einstimmten.

„Der erste Tag in Esslingen war wie ein zweiter Geburtstag. Man spürte die Freiheit, die Ruhe, das Gefühl von Sicherheit.“ Mit diesen Worten zitierte Urim Zejnulahi seine Mutter Gevrije, die 1999 mit ihrem Mann Maliq und dem sechs Monate alten Sohn aus dem Kosovo floh. Das Baby war mitten im Kriegsgeschehen unter freiem Himmel in einer Art Lager geboren. Nach mehreren Wochen und Misshandlungen konnte die Familie zurück in ihr Haus, musste dann aber mit ansehen, wie es komplett niedergebrannt wurde. Da seien sie nach Deutschland geflüchtet, sagte Maliq Zejnulahi, der mit seinem Sohn zusammen die Geschichte der mittlerweile fünfköpfigen Familie erzählte.

Obwohl sie alles verloren hatten, haben Zejnulahis hier Fuß gefasst. Als er nach zwei Jahren die Chance auf einen Sprachkurs bekam, griff der Familienvater zu, ebenso beim Jobangebot von McDonald‘s. Heute ist Maliq Zejnulahi, der im Kosovo ein Jurastudium begonnen hatte, stellvertretender Filialleiter der Fastfood-Kette in Ostfildern. Sein Sohn macht derzeit ein Berufskolleg und stellt sich eine solide Ausbildung mit Fortsetzung Techniker vor – oder vielleicht ein Studium. Der Fußballer und ehrenamtliche Schiedsrichter wollte seinem Vater bei der Vorbereitung auf den Einbürgerungstest helfen. Aber „er hat es ganz allein geschafft, er war so ehrgeizig“, sagt er. Jetzt kann er seine Mutter unterstützen, die die deutsche Staatsangehörigkeit beantragen will.

Die beiden Zejnulahis sind jetzt wie die anderen neu Eingebürgerten „Deutsche mit allen Rechten und Pflichten“, sagte Regierungsvizepräsidentin Alexandra Sußmann in ihrer Festansprache. Sie forderte die Gäste auf, sich nicht entmutigen zu lassen, wenn ihnen doch einmal Vorurteile begegnen, und sich in das gesellschaftliche Leben einzubringen. Dafür gebe es viele Möglichkeiten, sagte Landrat Heinz Eininger. „Helfen Sie mit, unsere Gesellschaft so zu gestalten, dass gegenseitiger Respekt und Anerkennung Werte darstellen, die für uns alle gelten“, bat Eininger. Das bedeute nicht, dass man die eigene Kultur aufgeben solle, denn sie sei eine Bereicherung für eine pluralistische Gesellschaft.

Baden-Württemberg als Bundesland mit der größten Zahl an Migrantinnen und Migranten „lag bei den Einbürgerungen lange Zeit weit zurück“, berichtete Sußmann. Jetzt hole das Land auf, vielleicht auch dank der Einbürgerungskampagne von 2013. Der Weg zur Staatsangehörigkeit ist allerdings nicht ohne Hürden. Neben einer Mindestaufenthaltsdauer und dem gesicherten Lebensunterhalt werden Sprachkenntnisse und ein erfolgreich absolvierter Einbürgerungstest gefordert. Natalia Walder aus Uruguay hatte das alles längst und musste dennoch eine gefühlte Ewigkeit auf die Staatsangehörigkeit warten. Da sie einige Kurse schon früh absolviert hatte, entstand zunächst Verwirrung um deren Anerkennung.

Das Hauptproblem war aber, dass das Ergebnis des Einbürgerungstestes monatelang nicht dort auf dem Amt ankam, wo es hin sollte. „Wir haben eine Million Mal beim Landratsamt angerufen. Es war ein Drama“, sagt Nic Walder, der Mann der eingebürgerten Südamerikanerin. Er empfand das ganze Prozedere als großen bürokratischen Akt, „wie ich es sonst überhaupt nicht gewohnt bin in Deutschland“. Aber am Ende hat es geklappt und das Ehepaar war mit seinen Söhnen bei der Feier dabei.