Zwischen Neckar und Alb

Gehen die Modediebe den Deal ein?

Prozess Eine Verbrecherbande hat Kleider gestohlen und verkauft. Vor Gericht macht der Richter ein Angebot.

Gericht
Symbolbild

Wendlingen. „Dieses Angebot ist sehr lukrativ!“ Der Vorsitzende Richter der Achten Großen Strafkammer des Stuttgarter Landgerichts sagte es, und erneuerte gegen die wegen 25-fachen schweren Diebstahls von Designer-Textilien angeklagten drei Männer und eine Frau seine Offerte: zweidreiviertel Jahre Haft Untergrenze, dreieinviertel Jahre Obergrenze. Mehr Zugeständnisse seien nicht möglich. Der Hauptangeklagte ist der Lkw-Fahrer des Transporters, der die Textilien eigentlich in ein Wendlinger Lager bringen sollte.

Dem Quartett wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, in mindestens 25 Fällen teure Designer-Textilien direkt aus jenem Speditionsfahrzeug abgezweigt zu haben. Dabei sollten die Waren jeweils in das Retourenlager nach Wendlingen bei Esslingen zurückgebracht und dort ausgebucht werden. Den Gesamtschaden hatte die Anklagebehörde auf rund 330 000 Euro beziffert - wir berichteten.

Kein Wort zu den Vorwürfen

Die Angeklagten, jeweils vertreten von honorigen Stuttgarter Anwaltskanzleien, haben es auch am zweiten Verhandlungstag vorgezogen, zu den Vorwürfen keine Angaben zu machen. Man fühlt sich nicht in allen Anklagepunkten schuldig. Doch die Ermittlungsergebnisse seien erdrückend, meint die Staatsanwältin. Dennoch willigt sie jetzt nach einem intensiven Gespräch mit den Beteiligten auf eine Art Deal ein: Gegen umfassende und uneingeschränkte Geständnisse ist sie mit dem Vorschlag der Strafrichter einverstanden, dass die drei angeklagten Männer Strafen nicht über dreieinviertel Jahre bekommen - als Untergrenze sogar zweidreiviertel Jahre. Die wegen Beihilfe zum Diebstahl und der Bandenhehlerei angeklagte Ehefrau eines der Männer könne bei einem Geständnis mit einer Bewährungsstrafe mit Auflage von gemeinnützigen Arbeitsstunden rechnen.

Deals sind nicht außergewöhnlich

Allerdings wollen die Richter in Sachen Schadenswiedergutmachung keine besonderen Zugeständnisse machen. Doch statt der von der Anklagebehörde geforderten einmal 230 000 Euro und einmal 123 000 Euro, will es das Gericht bei der Obergrenze von 113 000 Euro belassen. Ob die Angeklagten dieses Angebot annehmen, ist noch nicht entschieden. Am ersten Tag des Prozesses hatte das Gericht noch Strafangebote in der Höhe von jeweils dreieinhalb Jahren gemacht. Derartige Deals dienen dazu, Verfahren abzukürzen und dabei Zeit und Kosten zu sparen. Der Bundesgerichtshof hat die Praxis in einer Grundsatzentscheidung ausdrücklich gutgeheißen. Am 12. Juni wird das Verfahren fortgesetzt. Bernd Winckler