Zwischen Neckar und Alb
Gehen im Vier Peh bald die Lichter aus?

Institution Der Pachtvertrag für die Kultkneipe läuft dieser Tage aus. Im Esslinger Rathaus sieht man wegen baulicher Defizite keine Chance für eine Verlängerung, Betreiber und Förderer hoffen auf ein Happy End. Von Alexander Maier

Wenn nicht ein Wunder geschieht, dann sind die Tage des Vier Peh gezählt: Die Stadt Esslingen will den Pachtvertrag für die Kultkneipe an der Flandernstraße nicht verlängern, zum Jahresende sollen die Lichter ausgehen. So war das vor fünf Jahren vereinbart worden, als der Pachtvertrag nach langem Tauziehen bis Ende 2021 verlängert worden war. „Das Vier Peh kam mit der Hochschule und soll mit der Hochschule gehen“, hatte der damalige OB Jürgen Zieger mit Blick auf die geplante Neubebauung des dortigen Hochschulgeländes betont. Mittlerweile ist klar, dass mehr Zeit bis zum Beginn der Bauarbeiten ins Land gehen wird. Die Pächterin Uli Kopp und der Förderverein des Vier Peh hofften deshalb auf eine Pachtverlängerung, doch die Stadt hat inzwischen abgewunken. Betreiber und Freunde der Kultkneipe wollen nicht aufgeben.

Im Rathaus betont man, dass die Stadt eine Verlängerung des Pachtvertrags nicht grundsätzlich abgelehnt hätte, zumal OB Matthias Klopfer dem Gedanken positiv gegenüberstand. „Wir haben eine Arbeitsgruppe eingerichtet, die prüfen sollte, was möglich ist“, sagt der Rathaus-Sprecher Niclas Schlecht. Ende November gab es eine bau- und brandschutzrechtliche Begehung. „Die festgestellten Mängel am Gebäude waren so groß, dass wir die Verantwortung für einen Weiterbetrieb nicht übernehmen können“, fasst Schlecht zusammen. Deshalb müsse es bei dem Kompromiss bleiben, den die Stadt 2016 mit der Pächterin, dem Förderverein und Anwohnern ausgehandelt hatte – Ende 2021 soll Schluss sein. „Wir bedauern das, weil wir um die kulturelle Bedeutung des Vier Peh wissen“, betont der Rathaus-Sprecher. Dass die Begehung des Gebäudes erst Ende November stattfand, wodurch nur wenig Zeit bleibt, um noch eine Lösung zu finden, erklärt er so: „Die Pächterin hat den damaligen OB Jürgen Zieger erst im September kurz vor Ende seiner Amtszeit wegen einer Verlängerung angeschrieben.“

Doch das sieht Micha Schauer, der Vorsitzende des Fördervereins des Vier Peh, anders: „Pächterin Uli Kopp hat sich schon Ende Oktober 2020 mit der Bitte um eine Verlängerung des Pachtvertrages bis zum Umzug der Fachhochschule an das städtische Amt für Wirtschaft gewandt und Anfang 2021 mehrmals nachgehakt. Erst Anfang März kam die Antwort. Wieso hat man bis Ende November 2021 mit der Begehung gewartet? Mit mehr Vorlauf wäre es einfacher gewesen, gemeinsam eine Lösung zu finden.“ Auf die setzen Micha Schauer und seine Mitstreiter auch jetzt noch: „Der Umstand, dass das Vier Peh ‚historisch‘ ist, war schon vor fünf Jahren, bei der Anfertigung des nun endenden Pachtvertrages, bekannt und akzeptabel, und man stimmte einem Weiterbetrieb zu. Wir haben seither einiges getan – der Zustand ist heute eher besser als vor fünf Jahren. Wir wären bereit, Mängel auf eigene Kosten zu beseitigen, soweit es sinnvoll ist, um dem Vier Peh noch etwas Zeit zu schenken. Doch dazu sollte man uns erst einmal die konkrete Mängelliste zeigen, die der Verwaltungsausschuss gesehen hat. Wir wissen noch immer nicht, was genau bemängelt wird.“

Der Blick zurück

Geschichte „Pavlos pädagogische Pils-Pinte“, wie sich das Vier Peh ursprünglich offiziell nannte, ist in den 70er-Jahren neben der Esslinger Hochschule an der Flandernstraße entstanden. Für viele Studenten wurde das Lokal zur zweiten Heimat. Musiker und Kleinkünstler standen dort auf der Bühne – allen voran die Galgenstricke, die dort ihren Anfang nahmen. Doch mit den Jahren gab es immer wieder Probleme. Als der Erbpachtvertrag, den die Brauerei Dinkelacker mit der Stadt und dem Land für das dortige Grundstück geschlossen hatte, Ende 2016 auslief, schienen die Tage des Vier Peh bereits gezählt. Viele Unterstützer wie der Landtagsabgeordnete Wolfgang Drexler halfen damals, einen Kompromiss zu finden.

Verlängerung Nach monatelangem Tauziehen wurde damals der Pachtvertrag in letzter Minute doch noch bis Ende 2021 verlängert, das Gebäude ging zum 1. Januar 2017 in den Besitz der Stadt Esslingen über.

Treffpunkt Betreiber und Förderer des Vier Peh hoffen nun, dass das letzte Wort noch nicht gesprochen ist und dass sich der Gemeinderat und der neue Oberbürgermeister Matthias Klopfer selbst ein Bild von der Situation vor Ort machen: „Das Vier Peh ist ein wichtiger Treffpunkt im Esslinger Norden für Anwohner, Kulturbegeisterte und Vereine ohne eigene Räume“, betont Micha Schauer, Vorsitzender des Fördervereins des Vier Peh. „Und es ist die letzte unkuratierte Bühne in Esslingen für Bands und Kulturschaffende. Es gibt nichts Vergleichbares im Landkreis. Wie will man diese Lücken füllen?“ adi