Zwischen Neckar und Alb

Gemeindetag fordert mehr Geld für Integration

Kehle verlangt 138 Millionen Euro zur Koordinierung der Flüchtlingsbetreuung – Öney für neuen Zuweisungsschlüssel

13 Millionen Euro stehen derzeit für eine flächendeckende Integration von Flüchtlingen zur Verfügung. Das reicht bei Weitem nicht aus, betonte Gemeindetagspräsident Roger Kehle gestern in Wernau. Dort tagte die „Arbeitsgemeinschaft Städte und Gemeinden über 10 000 Einwohner“.

Wernau. Die Gemeinden im Südwesten verlangen vom Land für die Koordination der Integration von Flüchtlingen eine Aufstockung der Mittel auf 138 Millionen Euro jährlich. Kehle bezeichnete diese Forderung als „zentrales Anliegen“ des Gemeindetages zur Bewältigung der Integrationsaufgaben. Vor allem in den Gemeinden müsse die Integrationsarbeit besser koordiniert werden. Integrationsministerin Bilkay Öney, die an der Sitzung teilnahm, betonte, man habe sich offen ausgetauscht über die Probleme mit den angestiegenen Flüchtlingszahlen. Einig sei man sich darin, dass die Flüchtlingszahl begrenzt werden müsse. Inzwischen gebe es eine offene Debatte über einen anderen Zuweisungsschlüssel, da sich die Flüchtlingsprobleme in den Ballungszentren verschärften. Dafür sei aber ein einstimmiger Beschluss nötig, erklärte die SPD-Politikerin. „Wir von Landesseite sind offen für diese Debatte.“

Derzeit trägt das Land in einem dreigliedrigen System die Erstaufnahme für die ersten Monate. Dann werden die Flüchtlinge auf die Landkreise verteilt. Nach 15 bis 18 Monaten erfolgt dann die Anschlussunterbringung in den Kommunen. Öney gab zu, dass es Probleme in den Schulen gebe und Personal für die Betreuung von Flüchtlingskindern fehle. „Das treibt die Kommunen am meisten um“, sagte Öney. Kehle betonte, dass die Gemeinden auch zunehmend besorgt seien um den sozialen Frieden. „Den Städten und Gemeinden muss zugesichert werden, dass das Konzept für eine Anschlussunterbringung der Flüchtlinge funktioniert.“ Der Gemeindetagspräsident hofft, dass die Landesregierung noch vor der Landtagswahl im März Zusicherungen gibt.

Öney betonte, mit einem neuen Zuweisungsschlüssel müssten die bevölkerungsreichsten Länder entlastet werden. Derzeit würden die Flüchtlinge noch nach dem „Königsteiner Schlüssel“ von 1949 auf die Bundesländer verteilt. Das schaffe vor allem in Nordrhein-Westfalen, aber auch in Baden-Württemberg und Bayern in den Ballungszentren Probleme auf dem Wohnungsmarkt. Kehle sieht eine Residenzpflicht für Flüchtlinge als „entscheidenden Faktor“ für eine Entlastung der Ballungsgebiete. Eine Residenzpflicht sei steuerbar, „wenn sie mit Sozialleistungen verknüpft wird“. Öney gab allerdings zu bedenken, dass der Europäische Gerichtshof eine solche Residenzpflicht in Deutschland mittragen muss.

Thema des Treffens war auch eine limitierte Geldkarte für Flüchtlinge. Laut Öney würde eine solche Karte zehn Millionen Euro jährlich kosten. Falls die Geldkarte nicht käme, „bin ich auch offen für mehr Sachleistungen“. Derzeit erhalten Flüchtlinge 143 Euro im Monat für Busfahrten oder Friseurbesuche.

Über einen möglichen Pakt für mehr sozialen Wohnungsbau im Land habe es laut Kehle ein Gespräch mit Finanzminister Nils Schmid (SPD) gegeben. Dieser habe sich offen für ein Wohnungsbaubeschleunigungsgesetz gezeigt. „Wir brauchen für die Gemeinden mehr Geld, eine Absenkung von Baustandards und steuerliche Abschreibungen, um den Wohnungsbau zu beschleunigen“, erklärte Kehle. Der Gemeindetagspräsident betonte zugleich, dass soziale Ghettos vermieden werden müssten. Öffentlicher und frei finanzierter Wohnungsbau müsse deshalb gut durchmischt werden. Kehle empfahl ein Strukturprogramm, um vernachlässigte Ortskerne zu revitalisieren. Deshalb werde der Gemeindetag eine Umfrage unter allen Gemeinden des Landes starten.