Zwischen Neckar und Alb

Genbänkle rettet alte Gemüsesorten

Landwirtschaft Nürtinger Initiatoren wollen die Vielfalt erhalten. Für die Zukunft gibt es zahlreiche Pläne, aber die Finanzierung ist noch nicht gesichert. Von Andreas Warausch

Ein gutes Jahr ist es her, da startete das Projekt „Genbänkle“. Das Ziel: alte Pflanzensorten retten und erhalten. Das Fazit der Verantwortlichen um den Nürtinger HfWU-Professor Dr. Roman Lenz für die Startphase fällt durchaus positiv aus. Nun soll das Projekt fortgeführt werden. Dazu braucht es freilich Geld.

Der Ort für die lockere Runde zur Zwischenbilanz ist stilecht gewählt: Man sitzt zwischen Kisten voller Äpfel im kleinen Gewächshaus im Hof der Seegrasspinnerei. Rund 220 vom Aussterben bedrohte oder zumindest alte Sorten finden sich hier. „Oder auch verschollene Sorten, die wir suchen“, sagt der Agrarbiologe Lenz.

„Wenn sie weg sind, sind sie weg“, hatte Lenz schon im letzten Jahr den Hauptbeweggrund für das Genbänkle beschrieben. Es gelte, die Vielfalt alter Gemüse- und Obstsorten zu erhalten. Dabei soll das Genbänkle eben keine Genbank im Kühlschrank eines Labors sein. Es soll Sorten retten, indem sie weiter angebaut werden. Das Genbänkle bringt als Netzwerk im Internet Bewahrer und Erhalter mit Suchenden zusammen. Dezentral und lebendig – so lautet das Credo der drei Parteien: Roman Lenz von der HfWU, der Alblinsen-Förderverein mit Woldemar Mammel und die Gruppe der Agronauten, eine Forschungsgesellschaft für nachhaltige regionale Landwirtschaft mit Lenz und Dr. Philipp Weckenbrock.

Viel ehrenamtliches Engagement wurde in das erste Jahr Genbänkle gesteckt. Lenz und Mammel rührten kräftig die Werbetrommel. Doch ohne bezahlte Unterstützung ging es natürlich nicht. 8 000 Euro bekam man vom baden-württembergischen Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz. Das sind gerade einmal 500 Euro im Monat. Spenden kamen hinzu. Davon konnte die Biologin Denise Emer bezahlt werden. Sie recherchierte. Und auch das Engagement von Clemens Mark wurde bezahlt. Er bestückte das Genbänkle sozusagen als Info-Drehscheibe mit Datenbank im Internet.

Jetzt läuft die Förderung aus. Erst einmal. Doch es kommen bereits positive Signale. Zum Beispiel vom Ministerium. „Die wollen, dass das Genbänkle wieder unterstützt wird“, sagt Lenz. Und Woldemar Mammel habe die neue und alte CDU-Staatssekretärin Friedlinde Gurr-Hirsch von ihrer Sache überzeugen können. Sie wolle mit Kultusministerin Susanne Eisenmann Kindern die Thematik näherbringen.

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft, so Lenz, frage gerade bei Bundesländern ab, was man an solchen Agrodiversitätsprojekten zu bieten habe. „Das wäre eine Steilvorlage fürs Genbänkle“, sagt Lenz. Mit den Sorten Qualität zu erhalten, das würde gut zum Ländle passen. Und so wäre es sinnvoll, beim Landesministerium eine Stabstelle einzurichten. Eine halbe Stelle. Denn Lenz weiß: „Alles steht und fällt mit Kontinuität.“

Dann könnte man im neuen Jahr neue Aufgaben anpacken. Man könnte weiter die Datenbank vergrößern. Jetzt, da man schon bewiesen hat, dass sie funktioniert. Und das nächste Ziel: Eine Art Qualitätskontrolle für die Sorten und deren Vermehrung. „Die Sorten dürfen sich schon verändern, aber wir wollen das begleiten“, sagt Lenz. Steckbriefe mit Eignung und Eigenschaften soll es geben.

Auch eine Kooperation mit dem Freilichtmuseum Beuren steht an. Dort soll das Jahr 2017 das „Jahr der alten Sorten“ werden. Beuren will dann außerdem für eine Tauschbörse die Kelter zur Verfügung stellen. Da soll das Genbänkle aktiv werden. Aber auch dafür braucht es Ressourcen. „Wir haben mehr erreicht, als wir erhofft haben.“ Aber mit seinem Genbänkle-Team will er den Blick natürlich in eine mindestens ebenso erfolgreiche Zukunft wenden.

Wollen das Genbänkle weiter voranbringen: Roman Lenz (links) und Clemens Mark. Genbänkle sucht verschollene Sorten. pmFoto: Andreas Warausch