Zwischen Neckar und Alb
Glasfaser für alle - bloß wann?

Breitbandausbau Landkreise und Landeshauptstadt steigen in konkrete Planung für ein regionales Datennetz ein. Zeitplan und Kosten sind noch ungewiss. Von Bernd Köble

Für alle, die privat oder beruflich Interesse an schnellem Internet haben, könnte es eine gute Nachricht sein: Fünf Landkreise in der Region und die Stadt Stuttgart basteln mit Hochdruck an einem sogenannten Backbone-Netz, dass Glasfasertechnik regional flächendeckend bis in entlegene Gebiete bringen soll. Die schlechte Nachricht: Bis es soweit ist, kann es noch dauern. Wie lange, weiß zum jetzigen Zeitpunkt niemand genau. Mit der Vergabe des Planungsauftrags an die Bietergemeinschaft „RBS wave“ aus Stuttgart und Ettlingen hat der Partnerverbund jetzt den nächsten Schritt unternommen. Im Herbst sollen Kostenaufteilung und Zeitplan konkretisiert werden.

Seit der ersten Bestandsanalyse und dem Segen der Kreisräte vor zwei Jahren geht es bisher vor allem darum, den Ausbau zu organisieren und das Projekt den 44 Städten und Gemeinden im Kreis schmackhaft zu machen. Im Esslinger Landratsamt sitzt seit 1. Januar deshalb mit Ann-Kathrin Sous eine Breitband-Koordinatorin (siehe Interview), seit Mai regelt ein regionaler Vermittler den Austausch aller am Projekt Beteiligter. Es geht um Schnittstellen an Kreisgrenzen, um die Vermeidung von Doppelstrukturen und um die Einbindung der Kommunen, die letztlich dafür sorgen müssen, dass der Datenstrang bis an die Haustür kommt.

Die im Oktober vorgelegten Zahlen sind ernüchternd und treffen vor allem jene hart, für die ein schneller Datentransfer bares Geld bedeutet: Etwa 40 Prozent der Gewerbegebiete im Kreis Esslingen erreichen bis heute nicht einmal das, was die Landesregierung als Mindesstandard definiert: 50 Mbit pro Sekunde. 30 Gemeinden und Stadtteile im Kreis gelten demnach noch immer als unterversorgt.

In Kirchheim sind Privathaushalte dank Vectoring-Technik der Telekom zwar vergleichsweise gut bedient. Doch ausgerechnet in Gewerbezonen wird es problematisch. „Dort haben wir deutlichen Nachholbedarf“, räumt Bürgemeister Günter Riemer ein. Selbst im neu erschlossenen Gewerbegebiet Hegelesberg hat die Telekom Kupferleitungen statt Glasfaser verbaut. Das Problem: Wo keine öffentlichen Gelder fließen, entscheiden die Netzbetreiber selbst - und zwar ausschließlich nach wirtschaftlichen Kriterien. „Bei kleineren Gewerbegebieten mit Handwerksbetrieben und Kleinunternehmen stehen Ertrag und Kosten oft in einem Missverhältnis“, sagt Telekom-Regiomanagerin Anna Pia Engel. Das nennt man dann Marktversagen.

Kirchheim sucht Kunden

Die Stadt versucht inzwischen mit anderen privaten Vermarktern die Lage zu verbessern. Doch auch hier gilt: Entscheidend ist, wie viele Kunden auf den Zug aufspringen. Deshalb werden in den Gewerbegebieten Bohnau und Weilheimerstraße, wo die Bauarbeiten demnächst beginnen sollen, weitere Abnehmer gesucht. Auch im Kruichling und am Hegelesberg rührt die Stadt kräftig die Werbetrommel, bittet Wirtschaftsförderin Saskia Klinger, Interessenten sich zu melden. Kirchheim ist alles andere als ein Einzelfall: „Im Prinzip ist jedes Gewerbegebiet im Land unterversorgt“, sagt Thilo Kübler von der Breitbandberatung Baden-Württemberg.

Zumindest, was den Hauptversorgungsstrang - das so genannte Backbone-Netz - betrifft, will sich der Landkreis deshalb vom freien Markt lösen. Das 18-Millionen-Projekt, in das reichlich Fördergelder fließen, schreckt Landrat Heinz Eininger nicht. „Wenn wir zukunftsfähig bleiben wollen, gibt es keine Alternative.“ Ebenso wenig zu einer Kommunalanstalt über die das Projekt in den kommenden Jahren abgewickelt und finanziert werden soll und an der 179 Städte und Gemeinden aus fünf Landkreisen beteiligt sein sollen.

Das Backbone-Netz folgt im Wesentlichen den Hauptverkehrsachsen im Kreis. Entlang von Autobahn und Bahnstrecken. Von dort wird abgezweigt. Zunächst auf kommunale Zuführungstrassen. Von dort ins innerörtliche Verteilnetz. Beides liegt in Verantwortung der Städte und Gemeinden. Das Problem: Möglichst viele müssen ins Boot aber nicht alle profitieren sofort davon. „Wir können nicht überall gleichzeitig bauen“, sagt Markus Grupp, Wirtschaftsförderer im Kreis, der beim Treffen der Bürgermeister am Mittwoch in Plochingen als Projektbotschafter auftrat. Von den 44 Kreiskommunen stehen bisher nur 25 den Plänen völlig vorbehaltlos gegenüber.