Mit einem Bügeleisen aus Ungarn fing alles an. Hans Böhm nimmt aus einer Vitrine ein Messingbügeleisen der Firma Fagler mit fünf Schlitzen, öffnet es und erklärt, wie im Hohlraum Holz oder Kohle zum Beheizen des Eisens benutzt wurden. „Um die Jahre 1815 bis 1820 sind sie in Mode gekommen“, erzählt Böhm. Als er das gute Stück 1988 während eines Familienurlaubs in Ungarn erwarb, waren ihm solche Details noch nicht so geläufig. Damals hatte er laut eigener Aussage noch keinen Bezug zu Bügeleisen. „Das Teil hat mir einfach gefallen“, erklärt er. Umgerechnet 20 Euro habe er dafür investiert und gleich noch ein zweites gekauft. Doch dabei sollte es nicht bleiben. Mittlerweile zählt er mehr als 900 Bügeleisen sein Eigen und seine Frau Hilde ist von den „heißen Eisen“ inzwischen auch überzeugt.
In ihrem Reihenmittelhaus in Aichwald-Aichelberg gibt es keine Etage, in der nicht Bügeleisen in Regalen und Vitrinen stehen, während an den Wänden statt Fotos oder Bilder Untersetzer der Eisen hängen. Ein Gang durchs Haus gleicht dem Eintauchen in die Kulturgeschichte des Bügeleisens.
Bereits 200 Jahre vor Christus soll in China gebügelt worden sein. Damals sind die wertvollen Seidenstoffe mit so genannten Wolkenscheffeln oder Pfanneneisen geglättet worden. Böhm hat aus dieser Zeit eine Bügelpfanne erworben. Von Exemplaren aus Asien hat er meist Kohlebügeleisen aus dem 19. Jahrhundert.
Nach Europa ist das Bügeleisen im 15. Jahrhundert gekommen. Die ersten bestanden aus einer massiven Eisenplatte mit angeschmiedetem Griff.
Böhms ältestes Stück ist ein handgeschmiedetes Anlegeeisen von 1650 aus Italien. Es ist aus einem Stück Flacheisen gefertigt und wurde an den Ofen gelegt. Dabei erhitzte sich der Griff so sehr, dass er mit einem Lappen umwickelt werden musste, um sich nicht die Finger zu verbrennen. Auf Dauer war das keine Lösung.
1871 schuf die Amerikanerin Florence Pott Abhilfe. Sie erfand das Wechselgriffbügeleisen. Böhm gerät ins Schwärmen, als er aus einer Vitrine zwei unterschiedliche Exemplare holt und die Erfindung erklärt. Das Bügeleisen bestand aus zwei Eisen und der Griff wurde immer an das betriebsbereite angeklickt, während das andere zum Erhitzen am Ofen lag. Daher rührt die Redewendung „Er hat noch ein Eisen im Feuer“.
„Die Wechselgriffbügeleisen sind um 1900 gut gegangen und es wurden verschiedene Patente dafür auch in Deutschland angemeldet“, sagt Böhm. Den 73-Jährigen fasziniert dabei die unterschiedliche Kupplungstechnik. „Die gab es von ganz einfach bis hochkompliziert“, sagt er. Mehr als 100 Exemplare hat er davon in seiner Sammlung, so viel wie von keinem anderen Bügeleisen.
Doch auch Bolzenbügeleisen, wie sie ab Ende des 17. Jahrhunderts in Europa verwendet wurden, sammelt er. Eines seiner schönsten Stücke ist von 1750 aus Italien. Böhm öffnet eine kleine Tür hinten am Bügeleisen, nimmt einen eisernen Bolzen heraus und erklärt, wie dieser im Ofen erhitzt wurde. Die Bolzen gab es in verschiedenen Formen, darunter auch in Form einer Ochsenzunge. Der Sammler hat davon eines von 1820 mit der Aufschrift „Zum Hochzeitsfest“. „Ein Bolzenbügeleisen zu finden ist wie ein Sechser im Lotto“, erklärt Böhm und verweist auf ein Eisen von 1764, dessen Initiale - ein großes N - er mit Mehl nachgearbeitet hat, ebenso wie die eines Hochzeitsbügeleisens von 1711 mit der Gravur „M.R.S.“
Er hat sie entweder auf Flohmärkten erworben oder mit anderen getauscht. Mit rund 100 Sammlern ist er in ganz Deutschland in Kontakt. Die meisten davon seien Männer, was damit zusammenhängen könnte, dass handwerkliches Geschick für die Reparatur der Eisen nötig sei. Er liebe es, wenn sie Gebrauchsspuren haben und nicht auf Hochglanz poliert sind.
„Mit was für einem rostigen Bügeleisen kommst du denn daher“, habe seine Frau am Anfang gesagt, als er jeden Samstag von Flohmärkten Bügeleisen mitbrachte. „Ich konnte keinen Unterschied erkennen“, sagt sie. Schnell habe sie sich aber auch reingekniet und seine Sammlerleidenschaft geteilt. Während er für die Eisen zuständig ist, sammelt sie die Accessoires wie Nähkissen, Plissiermaschinen oder Postkarten und recherchiert im Internet nach Raritäten. „Der Grundstock ist gelegt, jetzt kaufe ich nur noch Ausgefallenes“, erklärt Böhm. Zwischen fünf und 600 Euro habe er in der Vergangenheit in ein Bügeleisen investiert. 13 000 Euro, die in einem Auktionshaus für ein gotisches Bügeleisen angesetzt wurden, seien ihm zu viel gewesen.
Auch auf Ebay stiegen mittlerweile die Preise, weil dort nur noch zehn Verkäufer aktiv seien, darunter zwei Geschäftsleute. Sie trieben die Preise nach oben. Seine Schmerzgrenze sei heute bei 400 Euro. Und so ist er dankbar, wenn er von Privat etwas angeboten bekommt, wie sein jüngstes Stück, ein Bolzenbügeleisen von 1699. Auf dessen Rückseite hat er wie immer das Kaufdatum und den -ort aufgeklebt sowie die Nummer. Zusätzlich trägt er alles in eine Exceltabelle ein. „Ordnung muss sein“, meint er. Denn so behält er die Übersicht.
Was bei aller Sammelleidenschaft für ihn gar nicht geht, ist ein Plastikbügeleisen, auch kein aktuelles. Die modernsten Exponate stammen aus den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts, darunter Porzellanbügeleisen von Hutschenreuther sowie Rosenthal mit Metallsohle oder ein Spiritusbügeleisen aus Australien. Letzteres setzte sich jedoch nicht durch. Ein Renner dagegen war das Gasbügeleisen, das mit einem Schlauch an die Gasleitung angeschlossen und vom 19. bis ins 20. Jahrhundert gebraucht wurde. Parallel dazu gab es ab 1870 bereits die ersten elektrischen Plätteisen. Eine moderne Version davon benutzt seine Frau heute. Denn Böhms Sache ist das Bügeln nicht.
Info Eine Auswahl von Böhms Exponaten sind bis zum 20. September im Württemberg-Haus in Weinstadt-Beutelsbach, Stiftsstraße 11 in 71384 Weinstadt zu sehen. Die Ausstellung ist samstags von 14 bis 18 Uhr und sonntags von 13 bis 17 Uhr geöffnet.