Zwischen Neckar und Alb

„Ich bin achtsamer geworden“

Krankheit SWR-Moderatorin Sonja Faber-Schrecklein aus Esslingen ist durch die Corona-Pandemie direkt betroffen, weil ihr Mann schwer erkrankt war. Von Thomas Krytzner

Bei den jüngsten Dreharbeiten im Freilichtmuseum Beuren.Foto: SWR/Schrecklein
Bei den jüngsten Dreharbeiten im Freilichtmuseum Beuren. Foto: SWR/Schrecklein
Mögl. Freisteller von Sonja Faber-SchreckleinQuelle: SWR
Sonja Faber-Schrecklein. Foto: SWR

Wie haben Sie die Ausbreitung der Pandemie miterlebt und wann wurde Ihnen das Ausmaß der Krise bewusst?

Sonja Faber-Schrecklein: „Am Anfang dachte ich, wie vermutlich viele andere, es wird schon nicht so furchtbar. Doch dann hat mir die Pandemie den Boden unter den Füßen weggezogen. Mein Mann war von Ende November 2019 bis Ende Februar dieses Jahres schwer erkrankt und ich habe mich zu Hause um ihn gekümmert.

Wie geht es Ihnen beiden jetzt?

Faber-Schrecklein: Wir sind zum Glück derzeit beide wohlauf, mein Mann ist wieder genesen. Ich konnte noch einen langen Urlaub genießen, ehe kürzlich die Arbeit wieder losging.

Wie lässt sich ihr Beruf mit dem Kontaktverbot vereinbaren?

Beim SWR Fernsehen verzichten die meisten Kollegen auf Außentermine, wenn es nicht unbedingt erforderlich ist. Wir bei „Landesschau Mobil“ haben unsere Beiträge für die nächsten zwei Wochen alle beisammen. Wir können uns im Archiv bedienen und fassen für unsere Sendungen bei der „Landesschau mobil“ Themen zusammen. Jeder der Kollegen drehte irgendwann mal in einem Restaurant oder auf einem Sportplatz. Daraus entstehen jetzt Beiträge, die dann „ganz gastlich“ oder „sportlich“ sind.

Wo hat die Pandemie Ihre Arbeitsweise verändert?

Normalerweise sind wir in Dreier- oder Viererteams unterwegs. Da reicht ein Fahrzeug für den Transport. Seit der massiven Ausbreitung des Virus fahren wir alle getrennt zu den Drehorten, schützen uns und halten die Abstände auch während der Arbeit bewusst ein. Den letzten Drehtag vor meinem Urlaub verbrachten wir Anfang April im Freilichtmuseum in Beuren.

Wie war es da, so ganz allein, ohne Museumsbesucher?

Geplant war, dass wir die Eröffnung der Saison filmen. Wenn aber nur vereinzelt Mitarbeiter des Museums und des Fördervereins auf dem Gelände sind, stellt man sich schon die Frage, was da gerade abgeht. Das wirkt. Für uns war klar, dass wir die Freilichtmuseen im Ländle aber trotzdem zeigen wollen, auch wenn kein Publikum zu sehen ist.

Wie halten Sie Ihre Zuschauer bei der Stange, wenn der direkte Kontakt fehlt?

In allen Bereichen stellen wir derzeit gute Quoten bei unseren verschiedenen Formaten fest. Wir haben uns vorgenommen, einerseits informativ zu berichten, aber andererseits auch ein Wohlgefühl in die Wohnstuben zu senden. Meine Kollegen beim Fernsehen sind wunderbar kreativ, wenn es darum geht, das normale Leben ins Haus zu bringen. Wir wollen nicht nur immer über die neuesten Zahlen von Kranken und Verstorbenen wegen Corona berichten, sondern auch Mut und Zuversicht vermitteln. Das Leben soll weiter gehen. Nur jetzt gerade brauchen wir viel Geduld und eine große Gemeinschaft.

Wie erleben Sie privat den Umgang der Menschen mit Corona?

Zum Teil ist es unerträglich, wie die Menschen mit dem geforderten Abstand von eineinhalb bis zwei Metern umgehen. Dies zeigte ein Beispiel während eines unserer Spaziergänge am Neckar entlang. Da kamen uns zwei Jogger entgegen, die nebeneinander liefen. Schon von weitem rief ich ihnen zu, dass die doch bitte hintereinander laufen sollen, damit die Distanz eingehalten werden kann. Das funktionierte dann auch. Doch auf dem Rückweg kamen die beiden Jogger von hinten wieder angelaufen und ich hörte den einen hämisch sagen, dass man ja den Abstand einhalten solle. Es gab aber auch positive Erlebnisse: Beim Spaziergang am Jägerhaus in Esslingen kam uns auf einem schmalen Trampelpfad eine Familie mit Kindern entgegen. Die Mutter sah uns, drehte samt Kindern um und blieb in einer Ausbuchtung stehen, dass wir in genügend Abstand aneinander vorbeigehen konnten.

Welche Schutzmaßnahmen treffen Sie für sich und Ihre Familie?

Ich bin unglaublich vorsichtig geworden und verlasse das Haus nur noch mit Mundschutz und Handschuhen. Zum Einkaufen fahre ich nur noch einmal pro Woche. Die Kontakte in der Familie haben wir auf ein Minimum reduziert, wir nutzen die digitalen Medien. Wir wollten unsere Kinder in Südfrankreich besuchen, stattdessen telefonieren wir jetzt öfters und schreiben über WhatsApp. Auch mein Mann - der durch die erwähnte Erkrankung hochgradig gefährdet ist - meidet persönliche Kontakte. Trotzdem muss er auf seinen wöchentlichen Stammtisch nicht verzichten, der findet jetzt nämlich virtuell über Videokonferenz statt. Scheinbar haben sie es dabei trotzdem lustig, man hört die Herren öfters gemeinsam lachen. Ich bleibe mit meinen Freundinnen telefonisch in regelmäßigem Kontakt.

Was tun Sie gegen Langeweile?

Die Entschleunigung tut gut. Aber wir haben in unserem Haus in der Esslinger Innenstadt genug zu tun. Der Balkon erscheint jetzt wieder in neuem Glanz, den haben wir grundgereinigt. Wir räumen ständig in der Wohnung auf und den Keller haben wir auch schon ausgeräumt. Wir genießen die Zweisamkeit und unternehmen dann Spaziergänge, wenn wenig Leute unterwegs sind. Dabei haben wir festgestellt, dass mitten in der Stadt am wenigsten Menschen unterwegs sind.

Welche Veränderung bringt die Coronakrise menschlich mit sich?

Die Menschen auf der Straße begegnen sich anders. Man grüßt sich und man kommt mit Leuten, die man gar nicht kennt, in gehöriger Distanz ins Gespräch. Ich bin seit dem Beginn der Pandemie achtsamer geworden. Ich spüre eine innere Unruhe und zum Teil Hilflosigkeit im Umgang mit der Situation. Es ist wie eine nicht greifbare Angst. Man kennt die schlechte Zeit nicht. Mein Mann, der die Nachkriegszeit am eigenen Leib erfahren hat, macht mir Mut und bringt mich immer wieder auf den Boden der Tatsachen zurück. Ich danke dem lieben Gott jeden Tag, dass es unserer Familie, meinem Mann und mir gut geht. Wenn wir alle sensibel mit der Krisenzeit umgehen, schützen wir das Leben der anderen genauso, wie das eigene. Die Gesundheit ist das höchste Gut und ich wünsche mir, dass die Menschen im Land gesund bleiben.