Zwischen Neckar und Alb

Im Wettlauf um Kunden und Kaufkraft

Diskussion Beim Handelstag an der Nürtinger Hochschule ging es um neue Wege des Citymarketing.

Nürtingen. Was können Kommunen tun, um in Zeiten des Online-Handels nicht zu reinen Schlafstädten zu werden? Rund um diese Frage drehte sich der dritte Handelstag am Mittwoch in der Nürtinger Stadthalle K3N. Oberbürgermeister Otmar Heirich diskutierte mit seiner Kirchheimer Kollegin Angelika Matt-Heidecker über die praktische Umsetzung.

„City-Marketing 4.0 - virtuelle, kommunale Marktplätze als Chance?“ lautete das Thema. In Theorie und Praxis wurde dargelegt, was Kunden und Touristen heutzutage von den Kommunen erwarten und welche Möglichkeiten es gibt, ihnen das zu bieten.

Es sind gerade die kleinen und mittleren Städte, die unter der Konkurrenz durch große Metropolen und den Online-Handel zu leiden haben. Der Handelstag sollte ihnen Möglichkeiten aufzeigen, wie sie attraktiv bleiben können.

Angelika Matt-Heidecker diskutierte mit ihrem Nürtinger Kollegen über Stärken und Schwächen der beiden benachbarten Städte. Professor Dr. Dirk Funck von der Nürtinger Hochschule fühlte den Stadtoberhäuptern auf den Zahn.

Für Funck steht fest: „Eine Stadt braucht ein digitales Multi-Channel-Konzept.“ Kunden und Touristen wollten möglichst genau wissen, was sie erwartet, bevor sie sich auf den Weg machen. Doch dazu müsse die Stadt nicht nur virtuell, sondern auch real etwas zu bieten haben.

Matt-Heidecker schilderte, wie die Aufenthaltsqualität verbessert und Flächen geschaffen wurden, die große Einzelhandelsketten verlangen. Dazu kommen kulturelle Veranstaltungen. „Wichtig ist die Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Handel“, so die Oberbürgermeisterin.

Für Heirich ist das K3N als Kongresszentrum ein Aushängeschild, das Auswärtige auf das Einkaufs- und Kulturangebot in Nürtingen aufmerksam macht. Flächen zusammenlegen sei in Nürtingen schwierig, die Hügellage der Stadt mache die Sache nicht einfacher. Bald soll es ein neues Sanierungsprogramm für die Altstadt geben. Der Austausch zwischen Handel, Verwaltung und Gastronomie im Citymarketing-Verein sei ein guter Weg.

Wie bilden sich all diese Aktivitäten im Internet ab? Hier sehen beide Stadtoberhäupter Nachholbedarf. Matt-Heidecker stellt sich eine Plattform vor, die alles, was in der Stadt geboten ist, zeigt, Angebote des Einzelhandels eingeschlossen. Auch Heirich will die Angebote der Stadt konzeptionell bündeln und einen Markenkern herausarbeiten.

Funck gab zu bedenken, dass solche Projekte Zeit benötigen, die Kommunen im regionalen Konkurrenzkampf um Kaufkraft und Attraktivität nicht haben.

Matt-Heidecker wünscht sich mehr Zusammenarbeit der Einzelhändler. Sie will sich der Verantwortung stellen, die Einkaufsstadt Kirchheim voranzubringen. Die politische Erkenntnis, dass der Einzelhandel wichtig ist, wünscht sich Heirich vom Gemeinderat. Von den Hausbesitzern wünscht er sich mehr Flexibilität bei der Zusammenlegung von Flächen.

Sollten Städte eher zusammenarbeiten oder sich in einen Wettbewerb begeben? Beide Oberbürgermeister wollen zunächst die eigene Stadt stärken, Matt-Heidecker kann sich eine gemeinsame Plattform vorstellen, die mit den jeweiligen Inhalten gefüllt wird.

Professor Dirk Funck stellte abschließend ein Modellprojekt vor, das die Hochschule derzeit zusammen mit Kirchheim umsetzt.Barbara Gosson