Zwischen Neckar und Alb

Immer weniger Menschen schlucken Antibiotika

Die Zahl der Verordnungen ist laut AOK im Kreis Esslingen rückläufig – Entsorgung bloß nicht durch den Ausguss

Immer weniger Menschen im Landkreis Esslingen bekommen Rezepte für Antibiotika. Laut Ärztin Dr. Sabine Knapstein sind es jedoch immer noch zu viele.

Region. Die Zahl der verordneten Antibiotika im Kreis Esslingen geht weiter zurück. Eine aktuelle Auswertung der AOK Neckar-Fils zeigt, dass in den letzten Jahren immer weniger Versicherte ein Antibiotika-Rezept erhalten haben. Insgesamt ist der Anteil der Betroffenen seit 2010 um durchschnittlich 1,8 Prozent jährlich gesunken. Im vergangenen Jahr wurden 65 639 Antibiotika-Verordnungen gezählt und damit 1 749 weniger als in 2014; 2013 waren es sogar noch 70 066. Auffallend ist, dass Kinder ab fünf Jahren sowie Frauen das Arzneimittel nach wie vor häufiger verschrieben bekommen als Männer.

Antibiotikum soll helfen, schnell wieder auf die Beine zu kommen. „Doch Untersuchungen zeigen, dass Antibiotika noch zu häufig verordnet werden“, sagt die AOK-Ärztin Dr. Sabine Knapstein. „Dabei wirkt das Medikament nur gegen Bakterien und nicht gegen Viren, die zum Beispiel eine Grippe verursachen.“ Die Folgen dieser Über- oder Fehlverordnungen sind schwerwiegend: Zunehmend treten Bakterien auf, gegen die das Antibiotikum nicht mehr „anschlägt“ – die sogenannten gefährlichen multiresistenten Keime (MRSA).

Um die Wunderwaffe Antibiotikum im Kampf gegen bakterielle Infektionen nicht stumpf werden zu lassen, seien für den Patienten zwei Dinge wichtig: Der gezielte Einsatz des Arzneimittels, wenn er medizinisch notwendig ist, sowie die Behandlungsdauer, so Knapstein.

Abhängig von der Erkrankung soll die Medikamenteneinnahme über mehrere Tage, manchmal auch einige Wochen erfolgen. Damit wird einer Resistenzbildung vorgebeugt. Auch welcher Wirkstoff verordnet wird, spielt nach Ansicht der Medizinerin eine wichtige Rolle: So gibt es Reserveantibiotika, die aber erst dann zum Einsatz kommen sollen, wenn die bislang üblichen Antibiotika versagen. Darüber hinaus stehen Breitbandantibiotika zur Verfügung. Diese bekämpfen gleichzeitig viele verschiedene Keime. „Als Arzt ist man gefordert, bewusst und kritisch das Präparat auszuwählen“, sagt Knapstein.

Ist eine Krankheit überstanden und sind Tabletten übrig geblieben, sollen diese keinesfalls auf eigene Faust bei einer anderen Erkrankung eingenommen oder an andere Menschen weitergegeben werden. Nicht eingenommene Antibiotika gehören nach Therapieende in den Hausmüll. Niemals sollen Arzneimittelreste in der Toilette oder im Ausguss landen.pm