Zwischen Neckar und Alb

In die Gastro-Szene kommt Bewegung

Essen In Esslingen gibt es nach dem „Ratskeller“ auch im „Schwanen“ einen Neuanfang.

Dennis Hierl (links) und Chefkoch Kevin Lutz wollen im „Schwanen am Brauhaus“ neue Wege beschreiten.Foto: Roberto Bulgrion
Dennis Hierl (links) und Chefkoch Kevin Lutz wollen im „Schwanen am Brauhaus“ neue Wege beschreiten. Foto: Roberto Bulgrin

Esslingen. „Wir wollen hier in Esslingen eine Institution werden. Und an der einen oder anderen Stelle Gastronomie neu denken.“ Kevin Lutz hat sich zusammen mit seinem Freund und Geschäftspartner Dennis Hierl hohe Ziele gesetzt. Mit dem „Schwanen am Brauhaus“ wollen die beiden zu neuen Ufern aufbrechen. „Tradition und Moderne verbinden“, lautet ihr Anspruch. Das gilt für die Küche genauso wie für die Optik der alten Gasträume, die teilweise mit frisch-frechen Farben aufgepeppt werden sollen. „Die Gäste sollen bei uns spüren, dass sie etwas Neues serviert bekommen“, sagt Hierl. Das betreffe die Speisekarte in gleicher Weise wie die Veranstaltungen, die das ganze Jahr über geplant sind. Mit mehreren Räumen - auch im Kellergeschoss - bietet das Lokal jede Menge Eventfläche und Platz für Feiern jeder Größe.

In Spitzenhäusern gearbeitet

Man werde die Karte bewusst etwas kleiner halten, und die Gäs­te sollen darauf stets Empfehlungen finden, kündigt Lutz an. „Auf den Teller kommen so weit wie möglich regionale und saisonale Produkte“, verspricht Lutz. Und man wolle die Besucher überraschen mit einer neuen Essenskultur. Der 29-jährige Esslinger weiß, was Qualität bedeutet. Seine Kochausbildung hat er im Hotel „Dollenberg“, einem Fünf-Sterne-Superior-Haus im Schwarzwald, gemacht. Auch danach war er in herausragenden Restaurants beschäftigt, etwa Vincent Klinks „Wielandshöhe“ in Stuttgart. Zuletzt leitete er als Direktor die Küche des Mercedes-Museums.

Bei seinem Schritt in die Selbstständigkeit hat sich Lutz hohen Ansprüchen verpflichtet. Doch will er den Spagat schaffen, alles zu annehmbaren und fairen Preisen anzubieten. An kreativen Ideen fehlt es ihm und seinem Partner nicht. Dennis Hierl kommt von einer ganz anderen Schiene. Nach der Lehre zum Groß- und Außenhandelskaufmann machte der 28-Jährige den Betriebswirt und arbeitete im Außendienst als Key-­Account-Manager. Im „Schwanen“ übernimmt er den Part als Verwaltungs- und Servicechef. Dass die beiden eine jahrelange Freundschaft verbindet, sehen sie als großen Vorteil.

Einen Wechsel hat es auch ein paar Straßen weiter im „Rats­keller“ gegeben. Wo lange Zeit griechische Spezialitäten serviert wurden, will Benni Eisele als neuer Pächter seine Gäste nun mit einer gutbürgerlichen Küche verwöhnen. „Von der Soße bis zur Maultasche wird hier alles selbst gemacht“, sagt der 41-Jährige. Zuletzt war er für den Service in dem Edelrestaurant „Mille Miglia“ in Waiblingen verantwortlich. Vor Eisele stand der „Ratskeller“ zwei Jahre lang leer.

Und was passiert eigentlich mit dem „Cosmopolita“? Mitte Mai hatte Salvatore Marrazzo dort wegen Zahlungsproblemen das Handtuch geworfen. Der bekannte Italo-Wirt musste wie manch anderer Kollege aus der Branche gleich zu Beginn der ­Corona-Krise Insolvenz anmelden. In den Räumen des bisherigen ­„Cosmopolita“ soll dem Vernehmen nach bald wieder Leben einkehren. Konkrete Angaben möchte Frank Dittus, der Geschäftsführer des Haus- und Grundbesitzunternehmens Von der Herberg, nicht machen, in Teilen werde es aber wieder eine gastronomische Nutzung sein.

Gar nichts zu erfahren ist über den „Roten Hirsch“, der fast gleichzeitig wie das ­„Cosmopolita“ geschlossen wurde und seither ebenfalls verwaist ist. Der Pächter ­Christian List musste nach nur eineinhalb Jahren die Reißleine ziehen, weil sein Konzept mit dem gastronomischen Betrieb in der „Alten Zimmerei“ nicht aufgegangen war, trotz bester Lage in Esslingen. List begründete den Schritt damals mit den hohen Schwankungen im Geschäftsbetrieb. Während des Weihnachtsmarkts sei das Geschäft noch bes­tens gelaufen, doch im Januar habe sich der Umsatz auf ein Drittel reduziert. Aber auch im Sommer werde den Wirten das Leben schwer gemacht, weil nach 22 Uhr draußen keine Gäste mehr bedient werden dürfen. Für den „Roten Hirsch“ wird nach wie vor ein neuer Pächter gesucht. Ein großes Werbebanner mit der Aufschrift „Stil trifft Historie - jetzt Flächen anmieten“ hat bislang offenbar seine Wirkung verfehlt. Harald Flößer