Zwischen Neckar und Alb

In Plochingen regt sich Protest

Städtebau Die Gegner eines siebenstöckigen Hauses auf dem Plochinger Bruckenwasen haben 1 400 Unterschriften gesammelt. Auch weitere Bedenken und Anregungen sind auf dem Rathaus eingegangen. Von Claudia Bitzer

Pünktlich mit Ablauf der Frist für die öffentliche Beteiligung an der Bebauungsplanänderung für das umstrittene siebenstöckige Haus auf dem Bruckenwasen haben die Ini­tiatoren der Online-Petition und Unterschriftenaktion gegen das Bauvorhaben ihre Bündel im Rathaus abgegeben. Gut 1 400 Stimmen haben Anwohner und Besucher des Plochinger Bruckenwasens und ihre Unterstützer zusammengetragen. Dazu kommen laut Bürgermeister Frank Buß neun weitere Einwände gegen die Pläne eines privaten Investors, der auf einer ausgewiesenen Baulücke, die von vielen bereits als Parkgrundstück empfunden wird, mit einem 18 mal 18 Meter großen und 21 Meter hohen Gebäude 20 Wohnungen schaffen will.

Weil es um ein Stockwerk höher geplant ist, als es das Baufenster vorsieht, und die beiden vierstöckigen Nachbarhäuser sogar um nahezu zehn Meter überragen würde, will die Verwaltung und eine Mehrheit des Gemeinderats dem Investor den Weg über eine Bebauungsplanänderung ebnen.

Dagegen gibt es jetzt aber Einwände. Frank Buß zufolge beziehen sie sich auf die Verträglichkeit des geplanten Neubaus mit dem benachbarten Landschaftspark, der wie die Häuser rund um die Alte Spinnerei im Zuge der Landesgartenschau 1998 entstanden ist. Sie richten sich gegen die Höhe, die in den Plänen der damaligen Architekten Ivano Gianola (Städtebau) und Jörg Stötzer (Landschaftsplanung) über die Spinnerei als höchstes Gebäude auf dem Bruckenwasen definiert ist, bis hin zur sozialen Durchmischung des Quartiers.

Zu den engagiertesten Gegnern gehören der ehemalige Bürgermeister Eugen Beck, sein damaliger Verbandsbauamtsleiter Andreas Sättele und Hartmut Strobel, damals Geschäftsführer der Landesgartenschau. Die Gartenschau-Väter sehen sich der Grundkonzeption der Gartenschau und der damaligen Bebauung auf dem Bruckenwasen verpflichtet. Sie äußern „erhebliche Bedenken“ gegen das jetzt geplante Bauvorhaben. Es schädige den Landschaftspark, das Bauvorhaben würde gegenüber der Öffentlichkeit verharmlost, und bislang gebe es keine brauchbare Visualisierung, die die Dimensionen des Bauwerks auch für Laien erkennbar mache. „Wir haben deshalb auf unsere Kosten von einem Spezialisten Fotoanimationen mit einem speziellen Architekturprogramm auf der Grundlage der veröffentlichten Unterlagen erstellen lassen (Foto oben zeigt eine davon), die sehr wirklichkeitsnah exakt die Dimensionen dieses Vorhabens aufzeigen“, so Sättele.

Zudem kritisiert das Trio, dass die Stadt keine Alternative zu dem Investorenprojekt untersucht habe, die bezahlbaren Mietwohnungsbau zum Inhalt habe. Und man habe erhebliche Bedenken gegen die Wahl eines beschleunigten Verfahrens. Die Stadt solle auf die Bebauung des Grundstücks verzichten, es als Ausgleichsfläche für andere Siedlungsmaßnahmen verwenden und das Grundstück offiziell dem Landschaftspark zuschlagen. Notfalls, so Sättele, könne man sich auch eine Bebauung des Grundstücks vorstellen - aber nur in angemessenen Dimensionen und unter Einbeziehung von Stötzer.

„Für uns ist das ein normales Bebauungsplanänderungsverfahren“, sagt Bürgermeister Frank Buß. Es gebe in Plochingen auch Stimmen für das Bauvorhaben. Auf die Bebauung der Baulücke ganz zu verzichten, kann er sich nach wie vor nicht vorstellen. „Es handelt sich um einen städtischen Bauplatz. Der Gemeinderat trägt nicht nur die Verantwortung fürs Thema Wohnen, sondern auch fürs Thema Vermögen.“ Dass die Verwaltung über das Vorhaben nur unzureichend informiert habe, will der Bürgermeister mit dem Verweis auf den - nur mager besuchten - Infoabend und die Anzeige im Amtsblatt mitsamt Modell nicht stehen lassen.

Die Abteilung Stadtplanung werde die Anregungen und Bedenken jetzt sichten und in die fachliche Prüfung einsteigen. Bus: „Ich werde mich mit dem Thema inhaltlich auseinandersetzen, wenn die Fakten auf dem Tisch liegen.“ Die endgültige Bewertung werde sicher erst der neue Gemeinderat treffen, der Ende Mai gewählt wird. Er weiß aber auch, dass die gut 1 400 Stimmen gegen das geplante Haus - auch wenn sie nicht alle von wahlberechtigten Plochingern kommen - „ein klares Statement sind, das mit Sicherheit auch nicht unbeachtet bleiben wird“.