Ein Dreschflegel für zwanzig Euro, eine Suppenschüssel für zehn – sind Museumsgegenstände ein Fall für den Flohmarkt? Nach Meinung der Freien Wähler im Kreistag, auf jeden Fall keiner für die Tonne. Das Beurener Freilichtmuseum hat nicht nur alte Mistgabeln in seinem Fundus, es muss jetzt auch kräftig ausmisten. Die Pflicht zur Rekultivierung des Beurener Munitionsdepots (siehe Info), in dessen Bunkern sich in zwei Jahrzehnten mehr als 75 000 Exponate angesammelt haben, zwingt das Museum zur Inventur. Der neue Unterstand in Beuren ist deutlich kleiner. Damit stellt sich die Frage: Wohin mit dem, was nicht mehr gebraucht wird? Genau daran entzündet sich jetzt ein Streit. Nach dem Willen der Verwaltung und einer politischen Mehrheit im Kreistag soll unnötiger Ballast vernichtet werden. Dabei handelt es sich überwiegend um Gegenstände, die nicht dokumentiert, kaputt oder mehrfach
„Das hieße, etwas verkaufen, das wir geschenkt bekommen haben.
Heinz Eininger
Der Landrat zum Vorschlag der Freien Wähler, nicht mehr gebrauchte Exponate zu veräußern.
vorhanden sind. Das geht natürlich nicht einfach so, sondern nur mit dem nötigen Sachverstand. Ein unabhängiges Expertenteam erfasst deshalb, bewertet, ordnet ein.
Was im neuen Lager keinen Platz mehr findet, hätten die Freien Wähler gerne verkauft und den Erlös dem Museum zur Verfügung gestellt. Die Fraktion argumentiert im Sinne der Nachhaltigkeit. Die Gegenstände hätten noch immer einen respektablen Liebhaberwert und könnten deshalb an Privatpersonen oder an andere Museen abgegeben werden, meint FW-Kreisrat Martin Klein. „Das hieße, etwas verkaufen, das wir geschenkt bekommen haben“, kontert der Landrat Heinz Eininger, dessen Argumente bei der Mehrheit der Kreisparlamentarier auf fruchtbaren Boden fallen. Der größte Teil der Museumsexponate sind private Schenkungen. Die Verwaltung fürchtet daher einen Vertrauensverlust, wenn sie später in fremde Hände gerieten.
Heikler wird die Sache, wenn es sich um ganze Häuser handelt. Mit dem Handwerkerhaus aus Wangen im Kreis Göppingen, dem Bauernhaus aus Frickenhausen und einem 350 Jahre alten Wohnhaus aus Echterdingen lagern drei Gebäude, die dem Museum überlassen wurden, seit den 80er-Jahren in den Bunkern. Während zwei davon noch auf ein abschließendes Urteil warten, droht dem eingeschossigen Doppelwohnhaus aus Echterdingen das endgültige Verschwinden. Die Bausubstanz des Fachwerkgebäudes, das 1988 abgebaut, zerlegt und eingelagert wurde, sei zu schlecht, meinen Bausachverständige.
Einem, dem bei diesem Thema das Herz blutet, ist Wolfgang Haug. Haug sitzt seit 1984 für die FDP im Kreistag, ist damit nicht nur dienstältester Parlamentarier, sondern im Ehrenamt auch Leiter des Echterdinger Stadtmuseums. Für seine ein halbes Jahrhundert währenden Dienste für die Heimatpflege hat er vor drei Jahren die Ehrenmedaille des Regierungsbezirks verliehen bekommen. Und jetzt das. Bei dem Gebäude handle es sich um eines der ältesten Häuser Echterdingens, das im Zuge des Wiederaufbaus nach dem Dreißigjährigen Krieg entstanden sei. „Ein solcher Verlust tut einfach weh, wenn man einen Bezug hat zur Heimat“, meint der 78-Jährige. Haug will das Experten-Gutachten daher nicht einfach hinnehmen und verlangt Transparenz. Gibt es alte Rechte am Haus, was ist dokumentiert und welche Kriterien führten zu dem Gutachten? Das letzte Wort scheint hier noch nicht gesprochen.
Ein Militär-Kapitel verschwindet unterm Grün
Das ehemalige Munitionsdepot in Beuren ist seit einem halben Jahrhundert ein geheimnisvoller Ort. Während des Kalten Krieges rankten sich zahlreiche Gerüchte über eingelagerte Atomsprengköpfe um das Militärlager der Bundeswehr im Tiefenbachtal.
In den Sechziger Jahren bereits war klar, dass das 27 Hektar große Gelände mit seinen 36 Bunkern irgendwann der Natur zurückgegeben würde. Seit der Jahrtausendwende lagern darin Exponate für das Freilichtmuseum des Landkreises in Beuren und Gebäude, die auf ihren Wiederaufbau im Museumsdorf warten.
Beim Kauf des Areals vom Land hat sich der Kreis 2013 dazu verpflichtet, das Gelände mit den Bunkeranlagen, zu dem auch ein Teil der ehemaligen Mülldeponie Blumentobel gehört, bis Ende 2029 zu renaturieren und aufzuforsten.
Der erste Bauabschnitt soll bereits Anfang kommenden Jahres in Angriff genommen werden. Die ersten Bauarbeiten für die Baustellenzufahrt und die Verlegung einer Trinkwasserleitung hat der Kreis inzwischen vergeben. bk