Zwischen Neckar und Alb
Jazzer Weber ausgezeichnet: Hommage an den Rebell

Auszeichnung Der Weltklasse-Jazzkünstler Eberhard Weber hat das Bundesverdienstkreuz und die Esslinger Bürgermedaille erhalten. Von Alexander Maier

Er hat sich einen Ehrenplatz in der Ruhmeshalle des internationalen Jazz gesichert: Mit seiner unverwechselbaren Art, den Bass zu spielen, hat Eberhard Weber Maßstäbe gesetzt. Und wer ihn je gehört hat, wird es bedauern, dass Weber nach einem Schlaganfall 2007 viel zu früh von der Bühne abtreten musste. Doch seine Musik bleibt, und seine Begeisterung reißt mit, auch wenn er selbst nicht mehr den Bass zupfen kann.

Weber ist ein musikalischer Weltbürger, doch er hat seine Wurzeln nie vergessen: Er ist in Esslingen aufgewachsen, hat hier den Kontrabass für sich entdeckt, und er kommt immer wieder gern zurück – auch als Schirmherr des Jazzfestivals Esslingen. Für seine herausragenden Verdienste um die Musik wurde Eberhard Weber nun mit dem Bundesverdienstkreuz und der Esslinger Bürgermedaille ausgezeichnet. Den passenden Rahmen dafür bot Festival-Macher Maximilian Merkle mit einem stimmungsvollen Konzertabend im Neckar Forum.

Für viele ist Eberhard Weber eine Legende. Er hat einem Instrument, das viel zu lange von vielen verkannt wurde, zu neuen Ehren verholfen. Und er

 

Das Spontane ist immer das Wichtigste.
Eberhard Weber
Der Ausnahmekünstler setzt auf
Improvisation statt Noten.

 

ist konsequent eigene Wege gegangen – für viele ist er ein Rebell am Bass. Dass er die Schirmherrschaft über das Esslinger Jazzfestival übernommen hat und bei dieser Gelegenheit geehrt wird, ist für den einstigen Kultur-Staatssekretär Jürgen Walter nur folgerichtig: „Das ist ein Festival, bei dem Jazz nicht nur draufsteht, sondern auch drin ist.“ Und das damit wie geschaffen ist, um Weber vor großem Publikum zu würdigen.

Der bisherige Esslinger Oberbürgermeister Dr. Jürgen Zieger hat den Weltklasse-Jazzer und seine Arbeit gewürdigt. Er ließ Webers schillernde Karriere von dessen ersten Versuchen am Kontrabass als Schüler über die Entstehung des unverwechselbaren Weber-Sounds bis hin zu den Erfolgen als Solist und in renommierten Ensembles sowie als Komponist Revue passieren. Nicht nur für Jazz-Fan Zieger zählt Weber „zu den herausragenden Persönlichkeiten des internationalen Jazz“. Und er betonte dessen Verbundenheit mit seiner Heimatstadt, die auch geblieben ist, nachdem der Musiker seine Zelte in Südfrankreich aufgeschlagen hatte. Weber habe „ein Stück Jazzgeschichte geschrieben“. Anlässlich seines 80. Geburtstags 2020 wurde der Bassist deshalb „in Anerkennung seiner Verdienste für Volk und Staat“ von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet – coronabedingt gab’s die Verleihung nun mit einjähriger Verzögerung. Auch die Stadt Esslingen erwies ihrem großen Sohn die Ehre und verlieh ihm die Bürgermedaille. Und Eberhard Weber bedankte sich für die „wunderbare Ehrung“ und erinnerte sich launig an alte Esslinger Zeiten, um gewohnt flapsig zur Normalität zurückzukehren: „Jetzt fällt mir nichts mehr ein. Jetzt bin ich geehrt.“

Es ist nicht leicht, einem Ausnahmekünstler wie Eberhard Weber musikalisch die Ehre zu erweisen. Auf der sicheren Seite ist man, wenn man einen Künstler einlädt, den Weber schätzt – wie den Gitarristen Ralph Towner. Genau wie Weber hat auch er seine eigene Handschrift gefunden. Kenner schätzen Towner als Meister des Erzählens auf seinem Instrument. Unprätentiös gibt er sich auf der Bühne, ganz in sich und seine Musik versunken. Nur wenige Worte müssen zwischen den Titeln genügen – seine Musik soll für sich selbst sprechen. Und das Publikum gibt sich nur zu gerne dem Zauber des Augenblicks hin, wenn Ralph Towner meist eigene Kompositionen und zwischendurch auch Klassiker wie Jimmy Durantes „Make someone happy“ spielt. Solche Titel nimmt sich Towner vor, um mit den Klangfolgen zu spielen. Und man kann nur staunen, welche Klangfülle und -vielfalt und welch feine Nuancierung er seiner Akustikgitarre zu entlocken vermag. Das klingt mal klassisch, mal verjazzt und mal ein bisschen nach Flamenco, aber stets nach Ralph Towner, der seinem alten Freund mit seinem Auftritt das schönste Geschenk gemacht hat.

Nicht weniger reizvoll dann der zweite Teil des Abends, der dem Shai Maestro Trio gehörte – drei Vertretern der jüngeren Musikergeneration, deren Auftritt Eberhard Weber nicht minder gefreut haben dürfte. Denn die Philosophie des israelischen Pianisten, Komponisten und Arrangeurs Shai Maestro – „Man muss es einfach geschehen lassen. Wenn man das macht, dann transzendiert die Musik von ganz alleine“ – hat viel mit Webers eigenem Credo zu tun. Zusammen mit dem israelischen Schlagzeuger Ofri Nehemya und dem Bassisten Phil Donkin pflegt Maestro einen facettenreichen lyrischen Jazz voller Leidenschaft und Leben, der mit beiden Beinen fest auf dem Boden des Jazz steht und dennoch nach den Sternen greift. Und der im Zusammenspiel dreier exzellenter Musiker auf immer wieder überraschende Weise die von Maestro gern betonte „Komplexität in der Einfachheit” beschwört.