Zwischen Neckar und Alb

„Jeder kann etwas beitragen“

Wiederverwertung Der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller informiert sich bei „dm“ in Köngen über die Kampagne Wertstofftrennung des Rezyklat-Forums. Von Kerstin Dannath

Umweltminister Franz Untersteller (rechts) lässt sich von Sebastian Bayer, Initiator des Rezyklat-Forums, die Informationskampag
Umweltminister Franz Untersteller (rechts) lässt sich von Sebastian Bayer, Initiator des Rezyklat-Forums, die Informationskampagnen vor Ort erklären. Foto: Kerstin Dannath

Die Zahlen sind erschreckend: Mehr als acht Milliarden Tonnen Plastik hat die Menschheit produziert, seitdem es Plastik gibt - und gerade mal rund neun Prozent davon wurden recycelt. Im Durchschnitt verbraucht ein Mensch in Deutschland 220 Kilo Kunststoff. „Damit gehören wir europaweit zu den Spitzenreitern“, sagt Franz Untersteller, Umweltminister des Landes Baden-Württemberg, bei einer Stippvisite im Köngener „dm“-Markt. Er informierte sich bei Sebastian Bayer, Initiator und Sprecher des Rezyklat-Forums sowie Geschäftsführer für Marketing und Beschaffung bei „dm“, über die jüngst gestartete Informationskampagne des Rezyklat-Forums zu Wertstofftrennung und Abfallreduzierung.

Am 25. Juli starteten die im Rezyklat-Forum engagierten Händler, „dm“-Drogeriemarkt, Rossmann und Globus eine umfassende Informationskampagne zum Thema Trennung von Wertstoffen. „Mit unserem direkten Kontakt zu Millionen Kunden können wir versuchen, die Menschen sensibler zu machen. Jeder kann etwas beitragen“, erklärt Bayer. „Es ist eine tolle Sache, dass sich hier ein paar der Großen zusammengeschlossen haben. So ergibt sich die Chance, wirklich etwas zu bewirken“, lobt Untersteller die Arbeit des Forums. Er selbst hatte sich bei der Bundesregierung zuletzt für ein gesondertes Wertstoffgesetz stark gemacht, in Kraft ging aber am 1. Januar dieses Jahres nur ein neues Verpackungsgesetz. „Ich werde mich aber weiter für ein Wertstoffgesetz stark machen“, kündigt der Umweltminister an. Damit soll unter anderem erreicht werden, dass auch Nichtverpackungen erfasst werden. „Ein typischer Fall ist ein Bobbycar. Das ist komplett aus Kunststoff, wird aber klassisch über den Restmüll entsorgt. Wo ist denn da die Sinnhaftigkeit?“, gibt Untersteller zu bedenken.

Tatsächlich ist der Rohstoffmarkt für Rezyklate, also für Produkte eines Recyclingprozesses, laut Bayer praktisch leer gefegt. Allerdings gebe es eine große Quelle, den Gelben Sack, allerdings mit seinen ganz eigenen Problemstellungen: „Joghurtbecher auswaschen muss niemand, aber wenn der Aludeckel entfernt wird und getrennt in den Sack wandert, würde das schon viel helfen. Nur nicht den Deckel in den Becher stecken, dann war wieder alles umsonst“, erklärt Bayer.

Ein weiteres Ziel des Rezyklat-Forums ist, dass die Politik verschiedene Standards zur Weiterverarbeitung des Rohmaterials einführt. „Wenn zwischen lebensmitteltauglich, Kosmetik- sowie Wasch- und Putz- bzw. Reinigung-Standards unterschieden werden würde, hätten wir viel größere Mengen zur Verfügung. Da wünschen wir uns mehr Unterstützung seitens der Regierung“, bestätigt Bayer. Und wenn dann noch die Hersteller verpflichtet werden würden, ihre Verpackungen so zu kennzeichnen, dass sie für vollautomatische Sortieranlagen leichter erkennbar sind, wäre vieles einfacher. „Das Duale System ist verbesserungswürdig“, gibt Untersteller zu, „Die letzten zehn Jahre liefen eher suboptimal. Da muss dringend etwas getan werden.“

Die Informationskampagne des Forums läuft noch bis zum 4. September. Verbraucher können sich in den teilnehmenden Märkten an Schautafeln informieren und mit Broschüren sowie Aufklebern für die Mülltonnen versorgen. Obendrein ist das Rezyklat-Forum aktuell dabei, bei den Herstellern abzufragen, wie hoch der Recycling-Anteil bei ihren Verpackungen ist. Ist der höher als 70 Prozent, werden die Artikel in den Regalen mit markanten blauen Schildern gekennzeichnet.

Das Rezyclat-Forum

Die Kette „dm“-Drogeriemarkt hat im vergangenen Jahr das Rezyklat-Forum initiiert. 30 Mitglieder, bestehend aus Händlern, Herstellern, Entsorgern und Verpackungsherstellern, bilden die Wertschöpfungskette entlang der Kreislaufwirtschaft ab. Gemeinsam arbeitet das Rezyklat-Forum daran, das Bewusstsein der Verbraucher für Kreislaufwirtschaft zu fördern, um eine sortenreine Trennung der Wertstoffe zu erreichen. Zudem strebt das Forum an, Verpackungen zu reduzieren und schon im Entstehungsprozess neuer Verpackungen darauf zu achten, dass die Verpackungen recyclingfähig sind, damit sie als Ressource dem Kreislauf erhalten bleiben. Anfang Juni wurde das Rezyklat-Forum vom Rat für Nachhaltige Entwicklung (RNE) und dem RENN Netzwerk (Regionale Netzstellen Nachhaltigkeitsstrategien) als „Projekt-Nachhaltigkeit 2019“ ausgezeichnet.dan