Jugendarbeit läuft meist im Hintergrund ab, im Stillen, ohne großes Aufsehen. Ist einfach da. Egal ob in Vereinen, Sozialverbänden, Kirchen, Politik – sie funktioniert. Da macht sich kaum jemand Gedanken darüber, wer diese Menschen eigentlich sind, die diese Arbeit in ihrer Freizeit, neben ihrer beruflichen Arbeit leisten.
Der Vorwurf durch den Kreisjugendring und verschiedene Jugendverbände im Landkreis Esslingen steht im Raum: „Politische Entscheider und Entscheiderinnen berücksichtigen die Interessen junger Menschen schon viel zu lange viel zu wenig. Wir als Kinder- und Jugendorganisationen haben früh deutlich gemacht, dass junge Menschen eine Perspektive, allen voran mehr Freiräume und mehr Beteiligung benötigen. Wir sind überzeugt, dass gerade diese Räume zur Persönlichkeitsentwicklung, zur Selbstentfaltung und zu informellem, sozialem Lernen in der außerschulischen Kinder- und Jugendarbeit stattfinden.“
Michael Medla, Vorstandsvorsitzender des Kreisjugendrings, betonte gestern in der Pressekonferenz am Sitz des KJR: „Vereins- und Verbandsarbeit leistet viel für junge Menschen in unserer Gesellschaft.“ Die Arbeitsgruppe „Sichtbar“ im KJR beschäftigt sich seit zwei Jahren damit, wer was genau in der Jugendarbeit macht. In dieser Arbeitsgruppe ist auch Ulrich Enderle, stellvertretender Vorsitzender im KJR-Vorstand und Jugendpfarrer im Kirchenbezirk Esslingen. Das Thema sei mit großer Begeisterung von den 33 Mitglieds-Jugendverbänden, die sich unter dem Dach des KJR befinden, aufgenommen worden. Sie vertreten die Interessen von Kindern und Jugendlichen im Landkreis Esslingen. Aus ihrer Sicht müssen Kinder und Jugendliche mehr wahrgenommen werden, es müsse ihnen mehr Gehör verschafft werden, sie müssen mehr beteiligt werden. Sie würden derzeit lediglich auf Lernrückstände und Wissensaufholung reduziert, ansonsten kämen sie in der öffentlichen Relevanz kaum vor. Eine Sichtweise mit möglicherweise fatalen Folgen. Und was ist mit sozialer Kompetenz? Der Kreisjugendring und die 33 Jugendverbände sind überzeugt davon, dass junge Menschen das brauchen, was ihnen die gemeinsame Jugendarbeit anbietet: Spiel und Spaß in der Gruppe von Gleichaltrigen ohne Leistungsdruck, mit Gruppenleitern, die Vorbilder und Begleiter sind, die ihnen wertvolle Impulse für das eigene Leben geben.
Deshalb haben sie gemeinsam die Kampagne „Jugendarbeit ... da kommt was raus!“ ins Leben gerufen. Mit verschiedenen Formaten wollen sie bis zum Jahresende und im nächsten Jahr sichtbar machen, was Kinder - und Jugendarbeit leistet, für junge Menschen selbst und für die Gesellschaft. Eines dieser Formate sind sieben Bildkarten zum Thema „Werte und Prinzipien“. Solche Kartensets haben die Mitglieder des Jugendhilfeausschusses sowie Landrat Heinz Eininger bereits erhalten. Als Nächstes sollen die Bürgermeister und Ämter im Kreis Post mit den Bildkarten erhalten.
Durch Corona habe die Brisanz noch einmal zugenommen, sagen Michael Medla und Ulrich Enderle unisono. Vereine hätten hier großen Anteil an der Resilienz von Jugendlichen. „Jeder Euro von der Öffentlichkeit und Verwaltungen, der hier eingesetzt wird, der kommt doppelt und dreifach wieder zurück“, weist Enderle im Gespräch auf die Bedeutung dieser Arbeit hin.
Doch wer ist das eigentlich, der sich in seiner wertvolle Freizeit mit Kindern und Jugendlichen neben seinem Beruf beschäftigt, mit ihnen im Orchester ein Stück für ein Konzert einübt? In einem weiteren Format wurden sechs Ehrenamtliche interviewt und anschließend porträtiert. Ihre Geschichten werden in einem zweiten Schritt veröffentlicht. „Wenn man sie fragt, weshalb sie es tun, dann erhält man immer die gleiche Antwort“, ging Nicole Schreiber auf den Typus des Ehrenamtlichen ein. „Weil es Spaß macht, weil man es als Kind vorgelebt bekommen hat oder als Kind selbst von solchen Freiwilligen profitiert habe“, erläuterte sie die Motivation. Ganz häufig seien das selbst Menschen in Führungspositionen, die so etwas zurückgeben wollten.
Die Reihe soll im nächsten Jahr fortgesetzt werden. Vorstellbar wäre auch ein zweieinhalbminütiger Werbe-Trailer fürs Internet. Doch dafür müssten noch Sponsoren gewonnen werden, sagte Medla bei der Pressekonferenz.