Zwischen Neckar und Alb
Jugendliche werden zu Mafia-Jägern

Projekt Ein Schüler-Filmteam der Denkendorfer Albert-Schweitzer-Schule hat in Italien eine schräge Komödie gedreht, gefördert mit Bundesmitteln. Von Ulrike Rapp-Hirrlinger

Wo könnte man besser einen Film über die Mafia drehen als in Italien? Ein Filmteam der Denkendorfer Albert-Schweitzer-Schule (ASS) hat in einem abgelegenen Landhaus in den Bergen zwischen Genua und Turin genau dies getan. Entstanden ist eine Komödie mit dem Titel „Undercover“. Birgit Schmidt, Schulsozialarbeiterin an der ASS, hat das Projekt organisiert. Schon zweimal zuvor, 2017 und 2019, hatte sie mit Schülern Filmprojekte realisiert.

Als sie vom Bundesprogramm „AUF!leben – Zukunft ist jetzt“ hörte, das junge Menschen nach den Einschränkungen der Coronapandemie gezielt fördern soll, bewarb sie sich für die ASS und bekam den Zuschlag. Die Wahl fiel auf die Klassen 8 und 9. „Dann sind die Schüler schon alt genug, um kreativ mitzuwirken“, erklärt Schmidt, die im Auftrag des Kreisjugendrings (KJR) die Schulsozialarbeit an der ASS verantwortet.

 

Die Schauspieler konnten in ihrer Jugendsprache reden.
Birgit Schmidt
Die Schulsozialarbeiterin über die Vorteile, im Drehbuch keine Dialoge festgeschrieben zu haben

 

16 Plätze galt es zu vergeben. Ein Auswahlkriterium war, „für welche Schüler es besonders wichtig war, wieder einmal etwas anderes zu sehen?“, sagt Schmidt. Viele Schüler seien während Corona nicht weg gewesen. Auch deshalb wählte Schmidt Italien. Zuvor wurden die Filme in der ASS oder auf der Schwäbischen Alb realisiert. 13 Schülerinnen und Schüler sowie drei Ehemalige machten sich schließlich in den Osterferien für fünf Tage auf nach Italien. Betreuer der Jugendzentren Focus in Denkendorf, mit dem Schmidt eng zusammenarbeitet, und Penthaus in Neuhausen begleiteten die Gruppe.

Unter den Ehemaligen war auch Matti Schwarz, der schon an den beiden Vorgänger-Filmen beteiligt war. Neben seiner Ausbildung betreibt der 19-Jährige eine kleine Filmproduktionsfirma und erstellt gerade einen Imagefilm für den KJR. Er kannte die Schüler bereits – auch aus den Zeiten, als er im Focus ein Freiwilliges Soziales Jahr absolvierte. Schwarz steuerte einen Großteil des professionellen Equipments bei und sorgte für die fachliche Qualität.

Im Februar begann die Gruppe, ein Drehbuch zu schreiben. Schnell wählte man als Genre die Komödie. Der Film handelt von einer Gruppe schwer erziehbarer Jugendlicher, die per Zufall Drogenhändlern und Geldwäschern der Mafia auf die Spur kommen und die Verbrecher am Ende überführen. Dabei gibt es jede Menge schräge Szenen. Im April ging’s dann zur filmischen Umsetzung Richtung Süden. Dass der Reisebus die steile Strecke zu dem hoch gelegenen Domizil nicht bewältigen konnte, war das erste Abenteuer. Die letzten knapp drei Kilometer musste die Gruppe zu Fuß gehen.

Vor Ort wurde fleißig gearbeitet. Im Drehbuch waren die Dialoge nicht festgeschrieben. „So konnten die Schauspieler selbst in ihrer Jugendsprache formulieren. Das wirkt viel natürlicher“, erklärt Birgit Schmidt. Manchmal habe man auch neue Szenen eingebaut, ergänzt Matti Schwarz. Für ihn waren die fünf Tage, für die er sich extra Urlaub genommen hatte, harte Arbeit. „Eine Szene mussten wir vierzehnmal drehen“, erinnert er sich an kleine Anlaufschwierigkeiten. Doch meist lief alles bestens. Abends saß er dann am Schnittpult, damit es morgens weitergehen konnte.

Für Sabine Schmidt war das Projekt nicht nur wegen des gelungenen Films ein voller Erfolg. Ziel war es auch, das Selbstbewusstsein der Schüler zu fördern. Im Projekt musste jeder Verantwortung übernehmen. Zudem ging es darum, den Zusammenhalt untereinander zu stärken. Denn durch Homeschooling blieben nicht nur die sozialen Kontakte in der Schule auf der Strecke. Auch Klassenfahrten fanden in den vergangenen beiden Jahren nicht statt. Das ist üblicherweise eine gute Gelegenheit, das soziale Miteinander zu fördern. „Die Gruppe hat sich prima zusammengefunden“, sagt Schmidt. Denn nicht nur beim Drehen, auch im Selbstversorgerhaus musste jeder mit anpacken.

„Ich habe neue Freunde gefunden“, erzählt Dion (14), der eine der Hauptrollen spielte. Ihm gefällt, „dass jeder sich im Film ein Stück weit selbst einbringen konnte. Maxim (15) gefiel vor allem auch das Miteinander in der Gruppe und wenn abends musiziert oder gespielt wurde. Mit dem Ergebnis sind beide zufrieden. Der Film soll allen Schülern der ASS in der Aula vorgeführt werden. Und Birgit Schmidt kündigt an: „Nächstes Jahr wollen wir wieder einen Film drehen.“

 

Streifen soll beim Jugendfilmpreis ins Rennen gehen

Förderprogramm Innerhalb des Aktionsprogramms „Aufholen nach Corona für Kinder und Jugendliche“ der Bundesregierung setzt die Deutsche Kinder- und Jugendstiftung das Förderprogramm „AUF!leben – Zukunft ist jetzt“ um, das vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend gefördert wird. Mit diesem Programm werden Kinder und Jugendliche unterstützt, die Folgen der Corona-Pandemie zu bewältigen und Alltagsstrukturen zurückzugewinnen. Dabei geht es um das Lernen und Erfahren außerhalb des Unterrichts. Junge Menschen sollen in ihrer Persönlichkeitsbildung unterstützt und gestärkt sowie das soziale Lernen und die Bindungen von Kindern und Jugendlichen untereinander gefördert werden.

Auszeichnung Der erste Film der Denkendorfer Albert-Schweitzer-Schule mit dem Titel „Ein Streich mit Folgen“ wurde 2017 mit dem Jugendfilmpreis Baden-Württemberg und 2018 mit dem Deutschen Jugendfilmpreis ausgezeichnet. Auch den neuen Streifen will die Schulsozialarbeiterin Birgit Schmidt beim Jugendfilmpreis des Landes Baden-Württemberg einreichen. urh