Zwischen Neckar und Alb

„Keiner darf verloren gehen“

Ausbildung Der Landkreis Esslingen und das Jobcenter wollen junge Menschen mit Problemen ansprechen.

Esslingen. Selten gab es für junge Menschen bessere Voraussetzungen, um eine Berufsausbildung zu beginnen: Die Wirtschaft brummt, das Angebot an Lehrstellen ist riesengroß, in vielen Branchen werden Azubis gesucht. Auch Betriebe und Arbeitsagentur tun einiges, um auch denen, die weniger gute Voraussetzungen mitbringen, den Start ins Berufsleben zu erleichtern. Dennoch bleiben manche auch in diesen Zeiten im Abseits. Sie wollen nicht weiter zur Schule gehen, keine Berufsausbildung machen, auch nicht arbeiten und sich anpassen.

Viele Außenstehende machen es sich leicht und stempeln solche Jugendliche und junge Erwachsene einfach ab. Doch ganz so leicht wollen es sich der Landkreis Esslingen und das hiesige Jobcenter nicht machen. Ihr Motto: „Keiner darf verloren gehen.“ Um diesen hohen Anspruch einzulösen, wollen sie junge Menschen in schwierigen Lebenssituationen unterstützen - auf dem Weg zu Bildung, zu Angeboten der Arbeitsförderung oder in das soziale Sicherungssystem. Gemeinsam haben sie ein Konzept ausgetüftelt, das bundesweit bislang einmalig ist. Der offizielle Startschuss soll im Januar 2019 fallen. Der Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg (KVJS) fördert die Begleitung und Evaluation. „Der Ansatz, dass Jugendhilfe, Arbeitsförderung und Kommunen zusammenarbeiten, ist sehr innovativ“, erklärt Katharina Kiewel, die Sozialdezernentin des Landkreises Esslingen.

Vertrauen ist die Basis

Dass man mit diesem Ansatz auf dem richtigen Weg ist, ist für Astrid Mast, Leiterin des Jobcenters Landkreis Esslingen, keine Frage: „Keiner kommt besser an die Jugendlichen heran als Sozialarbeiter vom Jugendamt.“ Ihnen gelänge es, schnell Vertrauen aufzubauen. „Wir wollen keinen verloren geben. Es wäre ein schrecklicher Fehler, junge Menschen abzuschreiben“, sagt sie. Astrid Mast und ihre Kollegen gehen mit realistischen Erwartungen an die Arbeit. Sie wissen, dass mit diesem Programm keine großen Fallzahlen und in vielen Fällen auch keine schnellen Erfolge zu erwarten sind. „Doch dafür kann das, was wir den jungen Leuten dank des neuen Konzepts anbieten können, umso wichtiger für jeden Einzelnen sein.“

Jugendhilfe geht offensiv voran

Im Fokus stehen junge Menschen bis 25 Jahre - zum Beispiel Schulabbrecher und junge Menschen, die bereits in der Schule den Anschluss verloren haben, weil sie von den üblichen Lehrformen nicht erreicht wurden und irgendwann aufgegeben haben. Gedacht sind die neuen Angebote auch für junge Menschen, denen die erforderlichen Kompetenzen fehlen, um sich einen erfolgreichen Start am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zuzutrauen. Und schließlich hoffen die Initiatoren auch, diejenigen wieder zu erreichen, die den Kontakt zum Jobcenter abgebrochen haben. Deshalb ist für Astrid Mast klar, dass Jobcenter und Jugendhilfe die ersten Schritte gehen: „Wir warten nicht, ob die Jugendlichen ins Jobcenter kommen und unsere Angebote abholen. Wir gehen da hin, wo sie sind und bieten unsere Hilfe und Unterstützung offensiv an.“

Das gemeinsame Förderkonzept für benachteiligte und schwer erreichbare junge Menschen wurde vergangenes Jahr im Jugendhilfeausschuss beschlossen. Landkreis und Jobcenter fördern gemeinsam in Esslingen, Ostfildern, Leinfelden-Echterdingen, Nürtingen und Kirchheim Anlaufstellen, die als Jugendbüros bezeichnet werden. Dort und überall sonst, wo sich Jugendliche häufig aufhalten, sollen die nötigen Kontakte geknüpft werden. Die Sachkosten für die Jugendbüros tragen die Standortkommunen.Alexander Maier