Der Investitionsplan für den Landratsamtsneubau steht, viel Geld zu verteilen gibt es nicht. Bei der Fraktionsrunde zum Haushalt bestimmten im Wesentlichen zwei Fragen die Debatte im Esslinger Kreistag: Wo ist Luft nach oben beim Thema Klimaschutz und wie viel Spielraum gibt es, um die Kommunen finanziell stärker zu entlasten. Während viele Städte und Gemeinden mit Defiziten
Auf die Schiene können wir nicht warten.
zu kämpfen haben, verzeichnete der Kreis in den vergangenen drei Jahren Überschüsse von knapp 64 Millionen Euro.
Angesichts gewaltiger Bauvorhaben, unsicherer Wirtschaftsprognosen und einem Berg von Sozialausgaben, der mit 263 Millionen Euro erstmals die Einnahmen über die Kreisumlage übersteigt, treten Landrat Heinz Eininger und Finanzchefin Monika Dostal auf die Bremse, wenn es um Geschenke an die 44 Städte und Gemeinden im Kreisgebiet geht. Eine Senkung der Umlage von zuletzt 30 auf 29,3 Prozentpunkte, wie sie im Etatentwurf vorgesehen ist, geht einigen Fraktionen allerdings nicht weit genug. Die CDU plädiert für einen Hebesatz von 28,8 Prozent, SPD und Freie Wähler (FW) gehen mit 28,3 Prozentpunkten sogar noch einen Schritt weiter. Die am Donnerstag veröffentlichte Steuerschätzung im Bund für November, die von satten Mehreinnahmen ausgeht, könnte zusätzlich Begehrlichkeiten wecken. Man wolle erst die Zahlen für den Kreis abwarten bevor man sich endgültig festlege, betonte CDU-Fraktionschef Sieghart Friz. Für Bernhard Richter, den Chef der Freien Wähler, ist aber jetzt schon klar, dass die Forderungen nicht überzogen sind. In den vergangenen Jahren lagen die tatsächlichen Finanzzuweisungen und die Einnahmen aus der Grunderwerbssteuer meist deutlich über dem Haushaltsansatz der Verwaltung. Wenn man nur die geringsten Abweichungen in den vergangenen drei Jahren zusammenrechne, sagte Richter, „dann haben wir schon 1,5 Punkte Kreisumlage“.
Ein besseres Angebot von Bus und Bahn ist im Landkreis mit seinen überlasteten Verkehrsachsen ein wirksamer Beitrag zum Klimaschutz, darüber sind sich bis auf die AfD alle Fraktionen einig. AfD-Sprecherin Kerstin Hanske sprach von einer „ideologischen Klimapolitik,“ die dafür sorge, dass Kosten für Autofahrer explodierten. Das Auto sei für viele eine Notwendigkeit, um zum Arbeitsplatz zu kommen. Für Grüne, SPD und Linke dagegen kann der Weg zur Mobilitätswende nur über den Nahverkehr führen. Alle drei Fraktionen machen sich für neue Expressbuslinien zwischen Neckartal und Filder stark, um die Zeit bis zu einem Ringschluss auf der Schiene zu überbrücken. Die Grünen fordern zudem die Anpassung aller Zubringerbusse an den 15-Minuten-Takt der S-Bahn. Ein dichterer Bustakt sei die einzige Möglichkeit, den ÖPNV rasch zu verbessern, betonte Fraktionssprecherin Stephanie Reinhold. „Auf die Schiene können wir nicht warten.“
Woher das Geld für den Ausbau kommen soll, nachdem die Verkehrsbetriebe durch Corona mit gewaltigen Defiziten zu kämpfen haben, darüber gehen die Meinungen auseinander. Die vom Land ins Spiel gebrachte Mobilitätsabgabe lehnt das konservative Lager ab. Ulrich Fehrlen (FDP) sprach von einer „Zwangsabgabe“, für FW-Chef Bernhard Richter ist sie nicht mehr als eine „verkappte City-Maut.“ Der Staat und die Gesellschaft werde die Verkehrswende finanzieren müssen, betonte Stephanie Reinhold (Grüne). „Da führt kein Weg vorbei.“ Auch für SPD-Chef Michael Medla, der sich wie sein Kollege der Linken, Peter Rauscher, für ein 365-Euro-Jahresticket und ein Sozialticket stark macht, ist eine Nahverkehrsabgabe ein „möglicher Baustein.“ Medla sprach von einem „Gleichklang von Angebotsausbau und Preissenkung“. Mobilität müsse für alle bezahlbar bleiben.