Ostfildern. Wohl aus Frust hat ein 52-jähriger Mann eine Drehmaschine sabotiert. Nachdem er in einem Personalgespräch erfahren hatte, dass die Ostfilderner Firma, bei der er als Leiharbeiter tätig war, ihn nicht als festen Mitarbeiter übernehmen würde, löschte der Mann 570 Teilfertigungsprogramme, die zur Herstellung von Bauteilen gebraucht werden. Dabei richtete er einen Schaden von rund 40 000 Euro an. Der 52-Jährige musste sich nun vor dem Esslinger Amtsgericht verantworten. Vor Gericht wollte sich der Mann nicht äußern.
Kein Versehen
„Wir mussten die Programme für jedes einzelne Werkstück neu schreiben“, erklärte ein ehemaliger Kollege. Rund eineinhalb Jahre Arbeit seien durch die Löschung der Daten zunichtegemacht worden. Der 20-Jährige hatte das Fehlen der Programme bemerkt, als er die Maschine am 18. Oktober vergangenen Jahres einschaltete. Der junge Mann beschrieb, wie der Angeklagte vorgegangen sein muss. Es sei nicht möglich, dass die Programme inklusive der Sicherungskopien, die in einem zweiten Ordner lagen, aus Versehen gelöscht worden seien.
Davon war auch der Polizist überzeugt. Darum hatte er sich auch auf den Angeklagten fokussiert. Für den Verteidiger des 52-Jährigen ein Fehler. Sein Mandant habe kein Motiv gehabt, der Firma zu schaden - immerhin habe er bei der Leiharbeitsfirma weiterhin in Lohn und Brot gestanden. Dabei habe es noch zwei andere Mitarbeiter gegeben, die mit der Maschine umgehen konnten. Einer davon kenne sich mit einer Fräsmaschine des gleichen Herstellers aus - es sei deshalb nicht auszuschließen, dass er gewusst habe, wie man die Daten löscht. „Eventuell könnte man diese Personen ja in einer Berufung befragen“, so der Verteidiger. Er halte es außerdem nicht für ausgeschlossen, dass ein Computervirus im Spiel gewesen sei. Zudem kritisierte er, dass kein IT-Gutachter beauftragt worden sei, den genauen Zeitpunkt der Löschung festzustellen. „Wir haben hier eigentlich nichts Greifbares, nur schwache Indizienbeweise“, so der Verteidiger. Er forderte einen Freispruch.
Für die Vorsitzende Richterin war der Fall klar. „Ich bin überzeugt, dass Sie die Daten am 16. Oktober gelöscht haben“, sagte sie dem Angeklagten. Selbstverständlich hätten auch andere Personen das Know-how gehabt, aber entweder keinen Zugang oder kein Motiv. In ihrem Urteilsspruch blieb die Richterin mit sechs Monaten Freiheitsstrafe auf Bewährung hinter der Forderung der Staatsanwaltschaft zurück. Die Verfahrensbeteiligten haben nun die Möglichkeit, das Urteil innerhalb einer Woche anzufechten. Julia Theermann