Schon lange reizte die Menschen die Vorstellung von Reisen in das Weltall. Doch die Raumfahrt scheint nur für Männer prädestiniert zu sein - nicht aber für Frauen. Aus Europa reisten gerade mal eine Französin, eine Italienerin und eine Frau aus Großbritannien ins Weltall. Deutschland hatte bislang elf Vertreter ins All geschickt - und wie soll es anders sein: alles Männer. Doch das soll sich nun ändern.
Die Bempflingerin Lisa Marie Haas könnte Deutschlands erste Astronautin werden, denn sie ist eine der sechs Finalistinnen bei „Die Astronautin“. Das ist ein Projekt mit einem klaren Ziel: Bis 2020 soll die erste deutsche Frau auf eine zehn bis 14-tägige Mission zur Internationalen Raumstation ISS fliegen.
Im normalen Leben ist die zweifache Mutter im Entwicklungsbereich tätig. Sie arbeitet an Sensoren für Handys, Tablets oder Spielekonsolen. Ein Job, der ihr Spaß macht und ihr bei „Die Astronautin“ hilft: „Auch hier arbeiten wir in Teams zusammen - genau so wie dann auf der ISS.“
Wenn Lisa Marie Haas von dem Projekt und ihren Chancen auf ein Weltraumticket spricht, funkeln ihre Augen. Kein Wunder: Die Wissenschaft faszinierte sie schon seit ihrer Kindheit. „Im Fach Naturphänomene kam ich das erste Mal in Kontakt damit“, erzählt die Bempflingerin, „das war in der fünften Klasse.“ Für sie war klar: „Nach der Schule will ich Physik studieren.“ Gesagt, getan. Als Wissenschaftlerin ist sie ständig neugierig und will neue Dinge entdecken. Das Projekt „Die Astronautin“ hat sie deshalb sofort angesprochen.
Die Familie steht hinter ihr
Auch ihre Familie steht bei dem Vorhaben vollkommen hinter ihr. „Sie haben mich sogar dazu ermutigt“, erklärt die Wissenschaftlerin, „ich war anfangs eher skeptisch.“ Doch ihre Eltern, Großeltern und ihr Mann versicherten ihr: „Wir bekommen das hin.“ Schließlich müssen sie und ihr Mann Vollzeitjob und Kinder auch jetzt schon unter einen Hut bringen, und das klappt anscheinend sehr gut. Überzeugt sagt die 33-Jährige: „Alles ist schaffbar, alles ist organisierbar.“
Hart, aber herzlich, so könnte man das Auswahlverfahren des Astronautinnen-Projekts beschreiben. Mit einer normalen Bewerbung und einem kleinen Video hat sich die Bempflingerin bei „Die Astronautin“ beworben. 400 Frauen wurden ausgesucht. Psychologische Untersuchungen, medizinische und kognitive Tests reduzierten die Astronautinnen-Anwärterinnen auf die beschauliche Zahl von sechs. Eine davon ist Lisa Marie Haas.
Besonders vorbereitet für das Weltall-Projekt hat sich die Bempflingerin nicht. Lisa Marie Haas hat nicht etwa im Schlafsack geschlafen anstatt im normalen Bett oder Hochleistungssport angefangen. „Ich versuche immer regelmäßig Sport zu machen, aber das hat nichts mit diesem Projekt zu tun.“
In einer Zentrifuge durch die Gegend geschleudert wurde die Wissenschaftlerin also bis jetzt noch nicht. „Genauere Tests finden dann erst statt, wenn die zwei Auserwählten für das mehrjährige Training feststehen,“ erklärt Lisa Marie Haas. Denn von den letzten sechs Frauen kommen letztlich nur zwei in den Genuss einer Astronautinnen-Ausbildung, und nur eine tritt dann 2020 die Reise ins All an. „Die Bekanntgabe der Gewinnerin und ihrer Stellvertreterin findet am 19. April statt,“ erklärt Lisa Marie Haas.
Unterricht live aus dem All
Wenn es zu einer Weltallreise kommen sollte, hat die Ingenieurin einen besonderen Wunsch: „Ich möchte Physik live von der Internationalen Raumstation unterrichten“, sagt sie und strahlt, „das wäre einfach super.“ Lisa Marie Haas möchte ein Vorbild für andere Mädchen und Frauen sein und sie ermutigen, in die „MINT-Fächer“ (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik) zu gehen. Außerdem würde sie die meiste Zeit auf der ISS am liebsten in der Cupola, der Aussichtskapsel, verbringen. „Hier könnte ich den Blick auf die Erde genießen“, sagt die Wissenschaftlerin und grinst.
Was sie am meisten vermissen würde, wären natürlich ihre zwei Kinder, aber auch die frische Luft. Schließlich herrschen im All „ganz besondere Umstände“, wie sie es formuliert. Doch Angst davor hat sie nicht - ganz im Gegenteil: „Ich habe Respekt vor dem, was mich erwartet. Die Neugier überwiegt hier aber definitiv.“
Doch eine Sache sollte man bei diesem Projekt im Hinterkopf behalten: Um die erste deutsche Frau ins All zu schicken, sind 30 bis 50 Millionen Euro für die Ausbildung, den Flug und den Platz auf der Raumstation nötig. Mithilfe einer Crowdfunding-Kampagne könnte wenigstens das Astronauten-Training in der Anfangszeit finanziert werden. Mindestens 50 000 Euro sollen durch Kleinbeträge von Privatleuten zusammenkommen. Der Traum von Lisa Marie Haas ist also noch nicht in trockenen Tüchern.
Ob sie sich nach dem Projekt dann voll und ganz der Raumfahrt widmen möchte, das weiß die Bempflingerin jetzt noch nicht. Sie bleibt bodenständig und sagt: „Ein Schritt nach dem anderen. Auch meine normale Arbeit macht mir Spaß.“ Doch ein Raumfahrt-Ticket auf den Mars würde sie auf keinen Fall ausschlagen - aber „da müsste auch ein Rückfahrt-Ticket dabei sein.“ Familie geht schließlich vor.
Info Weitere Infos zu den sechs Finalistinnen, dem Projekt oder der Crowdfunding-Kampagne gibt es auf der Homepage www.dieastronautin.de